Welchen Nutzen hat Tempo 30?

Ausführliche Informationen zum Nutzen von Tempo 30 bietet folgende Publikation des Umweltbundesamtes Deutschland: Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen. Eine Übersicht zu Bußgeldern bei Tempo 30 in Deutschland gibt es hier und in Österreich hier.

Lärmreduktion

Wird das Tempo von 50 auf 30 Kilometer pro Stunde reduziert, so senkt dies in erster Linie die Lärmbelastung. Lärm macht psychisch und körperlich krank. Schon geringe, aber dauerhafte Schallemissionen können zahlreiche Erkrankungen wie Bluthochdruck, Arteriosklerose und Depressionen auslösen. Das Herzinfarktrisiko entlang stark befahrener Straßen mit Mittelungspegeln ab 65 Dezibel liegt um 20 Prozent höher als an Straßen mit Lärmbelastungen unter 55 Dezibel. Langsam fahrende Autos sind leiser, da im Gegensatz zu Tempo 30 bei Tempo 50 das Abrollgeräusch der Reifen den Motorenlärm übertönt. Bei niedrigeren Geschwindigkeiten verringert sich der Lärm um durchschnittlich drei Dezibel. Dies wird von Menschen wie eine Halbierung der Verkehrsmenge wahrgenommen.

Eine weitere Lärmreduktion ergibt sich dadurch, dass Tempo 30 den Verkehrsfluss bei fast gleichbleibender Fahrzeit verbessern kann. In großflächigen Tempo 30-Zonen werden die Brems- und Beschleunigungsvorgänge um etwa 14 Prozent verringert. Der Lärmpegel sinkt damit um bis zu acht Dezibel, was einer wahrgenommen Reduktion von 75 Prozent entspricht. Jährlich verursacht Verkehrslärm in Österreich zwei Milliarden Euro an Kosten. Diese ergeben sich vor allem aus Gesundheitsausgaben und der Entwertung von Immobilien. Maßnahmen gegen Lärm wirken sich somit auch finanziell aus. 

Erhöhung der Verkehrssicherheit

Im Jahr 2013 wurden in Österreichs Ortsgebieten 45 Zu-Fuß-Gehende getötet. Empirische Studien zeigen, dass Tempo 30 in der Stadt die Zahl der Verkehrsunfälle und der verletzten Personen um 20 bis 30 Prozent senken kann. Es passieren weniger Unfälle und bei Zusammenstößen, die nicht vermieden werden, haben Gehende und Radfahrende bei Tempo 30 deutlich größere Überlebenschancen. Eine Verlangsamung des Verkehrs kommt besonders Kindern und älteren Menschen zugute.

Tempo 30 bietet eine deutlich höhere Verkehrssicherheit als etwa Tempo 50. Verzögerte Wahrnehmungsleistungen und Reaktionen sowie Fehlverhalten haben bei Tempo 30 wesentlich leichtere Folgen. Auch der Anhalteweg (das ist der Reaktionsweg plus Bremsweg) beträgt bei Tempo 30 rund zwölf Meter, ein Auto, das 50 Kilometer pro Stunde fährt hat nach zwölf Meter noch die volle Geschwindigkeit und steht erst nach 26 Metern. Wird ein Fußgänger mit 50 Kilometer pro Stunde angefahren, liegt die Wahrscheinlichkeit tödlich oder schwer verletzt zu werden bei 80 Prozent, bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 30 Kilometer pro Stunde sinkt dieses Risiko auf 40 Prozent.

Eine Studie des Internationalen Verkehrsforums der OECD vom März 2018 zeigt die positive Wirkung von Temporeduktion auf die Verkehrssicherheit und empfiehlt Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet, wo Personen nicht-motorisiert unterwegs sind.

Tempolimits für mehr Lebensqualität

Einen zentralen Beitrag leisten Straßen mit Tempolimits für die Lebensqualität in Orten. Straßen mit Tempo 50 für den Kfz-Verkehr sind unattraktiv, um Wege zu Fuß zurückzulegen. Dieses Faktum ist auch ein Mitverursacher von innerörtlichem Geschäftssterben. Wo Tempo 30 gilt, wird mehr gegangen und mehr Rad gefahren. Die Planung von Straßenfreiräumen kann sich verstärkt an den Bedürfnissen von Gehenden und Radfahrenden orientieren und die Gestaltung so erfolgen, dass Platz zum Verweilen frei wird. Straßen werden belebter und Menschen haben mehr soziale Kontakte, weswegen Tempo 30 im Ort die Lebensqualität insgesamt erhöht.

Auswirkungen auf Schadstoffe und Luftqualität

Die Auswirkungen einer Temporeduktion von 50 auf 30 km/h auf Luftschadstoffe hängen von vielen Parametern ab. Tempo 30 wird zumeist als überaus wirksame Maßnahme für mehr Verkehrssicherheit und weniger Lärm eingesetzt. Soll Tempo 30 zu einer besseren Luftqualität beitragen, ist die Gesamtwirkung für das in Frage kommende Gebiet zu prüfen. Wichtig dabei ist, dass auch verkehrssystemische Modelle und / oder reale Messungen an den Luftgütemeßstellen durchgeführt werden. Aussagen aufgrund von Abgaswerten der Motoren bei verschiedenem Fahrverhalten alleine sind nicht ausreichend.

Für eine Studie des Landesamts für Umwelt Baden-Württemberg zu Tempo 30 und Schadstoffen wurden 1.000 Messfahrten auf 17 Strecken im Stuttgarter Raum unternommen. Das Ergebnis: Ob die einzelnen Fahrzeuge weniger Schadstoffe emittieren hängt von den konkreten Eigenschaften der Strecke (zum Beispiel Steigungen) ab. Bei Stickoxiden (NOx) ist die Wirkung von Tempo 30 aber tendenziell positiv, bei Feinstaub und Verbrauch eher, aber nicht zwangsläufig, leicht negativ.

Die Feinstaubemissionen eines Fahrzeugs sind jedoch nur zum Teil abgasbedingt, ein weiterer Teil des Feinstaubs wird durch Abrieb und Aufwirbelung verursacht. Mit dem Tempo nimmt die Aufwirbelung zu. Daher kann Tempolimit 30, auch wenn die abgasbedingten Partikelemissionen zunehmen, bei den Feinstaub-Gesamtemissionen zu Reduktionen führen.

In vielen Studien - wie in der oben genannten - wird nur die direkte Wirkung von Tempo 30 auf den Abgasausstoß von Fahrzeugen untersucht. Für den lokalen Gesamteffekt von Tempo 30 ist aber nicht nur relevant, ob die einzelnen Motoren mehr oder weniger Abgase ausstoßen, sondern welche Abgasbelastung bei der Bevölkerung insgesamt „ankommt", gemessen an den Luftqualitätsmessstellen (Immission).

Daher sind auch situationsabhängig die verkehrssystemischen Wirkungen zu untersuchen, denn Tempo 30 statt 50 trägt zu einer Abnahme des Kfz-Verkehrs bei. So wird es zum Beispiel in einem Wohngebiet, das großflächig zur Tempo 30-Zone gemacht wird, weniger Durchzugsverkehr geben. Weiters verbessern sich in Straßen mit Tempolimit 30 statt 50 die Bedingungen zum Radfahren und zu Fuß gehen. Dadurch nutzen auf diesen Strecken mehr Menschen das Fahrrad statt dem Auto, was wiederum die Abgasbelastung reduziert. Positive Effekte gibt es auch überall dort, wo die Temporeduktion zu einem gleichmäßigeren Verkehr führt.

Untersuchungen bei der großflächigen Einführung von Tempo 30-Zonen in Graz ergaben hinsichtlich Schadstoffemissionen und Treibstoffverbrauch im Vergleich zu Tempo 50 folgende Werte:

- Stickoxide (NOx): minus 24 % bis minus 32 %

- Kohlenmonoxid (CO): plus 4 % bis minus  3 %

- Kohlenwasserstoff (HC): plus  1 % bis minus 17 %

- Verbrauch, Kohlendioxid (CO2): keine Veränderung bis minus 1 %

Aus dem „Modellvorhaben Flächenhafte Verkehrsberuhigung“ in Deutschland wurden folgende Veränderungen der Schadstoffemissionen und des Verbrauchs durch Tempo 30- Zonen gegenüber Tempo 50 festgestellt:

- Stickoxide (NOx): minus 5 % bis minus 31 %

- Kohlenmonoxid (CO): plus 28 % bis minus 20 %

- Kohlenwasserstoff (HC): plus 2 % bis minus 23 %

- Verbrauch, Kohlendioxid (CO2): plus 14 % bis minus 6 % Die Ergebnisse fallen umso günstiger aus, je ungleichmäßiger die Fahrtverläufe vorher bei Tempo 50 waren und je niedertouriger und gleichmäßiger bei Tempo 30 gefahren wird. Der Fahrtverlauf hängt wiederum auch von der jeweiligen Situation und den unterschiedlichen Nutzungsansprüchen der Straßenräume ab.

 

Quellen:

Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg: Ersteinschätzung der Wirkung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen auf die NOx- und PM10-Emissionen http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/23231/aviso-bericht-wirkung-tempo30-2012.pdf?command=downloadContent&filename=aviso-bericht-wirkung-tempo30-2012.pdf

PISCHINGER, R.; JAMMERNEGG, G. u.a.: Tempo 30/50 in Graz, Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleituntersuchung für die Bereiche Verkehrsverhalten im Straßenraum,

Verkehrsmittel- und Routenwahl, Schadstoffemissionen, Treibstoffverbrauch und Verkehrslärm. In: Schriftenreihe der Institute für Eisenbahnwesen,

Straßen- und Verkehrswesen, Technische Universität Graz, Heft 21, Graz 1995.

Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Bundesministerium für Verkehr und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), Forschungsvorhaben Flächenhafte Verkehrsberuhigung, Folgerungen für die Praxis. Bonn 1992.

Statistik Austria: Straßenverkehrsunfälle Jahresergebnisse 2013

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