VCÖ zur Halbjahres-Unfallbilanz: Österreich droht Verkehrssicherheitsziele massiv zu verfehlen

Im 1. Halbjahr bereits 195 Verkehrstote in Österreich!

VCÖ (Wien, 1. Juli 2019) – Im 1. Halbjahr kamen heuer in Österreich laut BMI bereit 195 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben. Allein in den ersten sechs Monaten verloren in Österreich fast so viele Menschen ihr Leben durch Verkehrsunfälle wie in der Schweiz im gesamten Vorjahr, macht der VCÖ aufmerksam. Von seinem Verkehrssicherheitsziel für das Jahr 2020 ist Österreich weit entfernt. Der VCÖ fordert verstärkte Maßnahmen gegen Schnellfahren und Handy am Steuer. Da der Öffentliche Verkehr deutlich sicherer ist als Autofahren, trägt auch die stärkere Verlagerung des Verkehrs auf Bahn und Bus zur Verkehrssicherheit bei.

„Anstatt deutlich zu sinken, ist die Anzahl der Verkehrstoten im 1. Halbjahr weiterhin sehr hoch. Diese Unfallbilanz ist Mahnung, rasch verstärkte Maßnahmen zur Reduktion der schweren Verkehrsunfälle umzusetzen“, stellt VCÖ-Experte Markus Gansterer fest. Laut vorläufigen Daten des BMI wurden seit Jahresbeginn 195 Menschen bei Verkehrsunfällen in Österreich getötet. Im Vorjahr waren laut vorläufigen Daten 193 Todesopfer zu beklagen, endgültig stieg die Zahl der Todesopfer auf 199. Zum Vergleich: Im 1. Halbjahr 2017 waren nach endgültigen Daten 170 Verkehrstote zu beklagen. Heuer war erstmals in Oberösterreich die Anzahl der Verkehrstoten am höchsten. Am niedrigsten war die Opferzahl in Wien.

Österreichs Verkehrssicherheitsziel für das Jahr 2020 lautet, dass die Zahl der Verkehrstoten auf weniger als 312 zu reduzieren ist. Im Vorjahr wurden auf Österreichs Straßen 409 Menschen bei Verkehrsunfällen getötet. „Ohne zusätzliche Maßnahmen wird Österreich das Ziel verfehlen. Und wenn in der Verkehrssicherheit Ziele verfehlt werden, dann kostet das Menschen ihr Leben“, fordert VCÖ-Experte Gansterer verstärkte Maßnahmen. Vor allem unfallvermeidende Maßnahmen müssen in den Fokus der Verkehrssicherheitsarbeit rücken.

So soll Handy am Steuer ein Vormerkdelikt werden.  „Wer mit dem Handy am Ohr telefoniert, reagiert so schlecht wie ein Alko-Lenker mit 0,8 Promille. Die Strafhöhe von 50 Euro steht in keinem Verhältnis zur massiven Gefahr, die durch handytelefonierende Kfz-Lenker ausgeht“, verdeutlicht VCÖ-Experte Gansterer. Heute vor 20 Jahren, am 1. Juli 1999, trat das Handyverbot am Steuer in Kraft. Allein im Vorjahr wurden 115.470 Handy-Verstöße geahndet. Das ist nur ein Bruchteil der tatsächlichen Vergehen. Laut Erhebung des KfV führen Österreichs Autofahrer täglich mehrere Hunderttausend Telefonate ohne Freisprecheinrichtung.

Eine weitere Hauptunfallursache ist zu hohes Tempo. Die Schweiz zeigt, welche Maßnahmen gegen zu hohes Tempo wirken. Die Schweiz hat de facto null Toleranz beim Überschreiten von Tempolimits, während in Österreich die Toleranzgrenze sehr hoch ist. Die Folge: Viele Lkw halten auf Autobahnen ihr Tempolimit von 80 km/h nicht ein, sondern fahren 90 km/h oder mehr. Und in Oberösterreich wird auf der Tempo 140 Strecke erst ab deutlich über 150 km/h gestraft. Zusätzlich zur geringen Toleranz beim Schnellfahren hat die Schweiz mit Tempo 80 auf Freilandstraßen und Tempo 120 auf Autobahnen niedrigere Tempolimits als Österreich. Auch das führt wesentlich zur Reduktion der Anzahl schwerer Verkehrsunfälle. Weiters ist die hohe Anzahl an Begegnungszonen - allein in Bern gibt es mehr als 100 Begegnungszonen – eine sehr wirksame unfallvermeidende Maßnahme.

Besonders stark profitiert die Verkehrssicherheit in der Schweiz auch vom dichten Bahnnetz und den häufigen Bahnverbindungen. Der Öffentliche Verkehr ist um ein Vielfaches sicherer als Pkw. „Wenn Österreich das öffentliche Verkehrsangebot ausbaut und verbessert, kommen wir nicht nur den Klimazielen näher, sondern auch den Verkehrssicherheitszielen. Umso wichtiger ist, dass Österreichs Parlament die von der vergangenen Bundesregierung oftmals angekündigte, aber nie beschlossene Nahverkehrsmilliarde noch vor der Nationalratswahl beschließt“, stellt VCÖ-Experte Gansterer fest.

VCÖ: In Österreich im 1. Halbjahr hohe Anzahl an Verkehrstoten (Bei Verkehrsunfällen in Österreich tödlich Verunglückte)

1. Halbjahr 2019: 195 Verkehrstote (vorläufige Anzahl)
1.Halbjahr 2018: 199 Verkehrstote (endgültige Anzahl)
1. Halbjahr 2017: 170 Verkehrstote
1. Halbjahr 2016: 190 Verkehrstote
1. Halbjahr 2015: 214 Verkehrstote
1. Halbjahr 2014: 238 Verkehrstote
1. Halbjahr 2013: 191 Verkehrstote
1. Halbjahr 2012: 233 Verkehrstote
1. Halbjahr 2011: 246 Verkehrstote
1. Halbjahr 2010: 250 Verkehrstote
Quelle: BMI, Statistik Austria, VCÖ 2019

VCÖ: Oberösterreich weist im Bundesländer-Vergleich die meisten Verkehrstoten auf (Bei Verkehrsunfällen im 1. Halbjahr 2019 tödlich verunglückt – in Klammer 1. Halbjahr 2018)

Oberösterreich: 47 (42)
Niederösterreich: 40 Verkehrstote (53)
Steiermark: 38 (32)
Tirol: 17 (12)
Salzburg: 15 (15)
Burgenland: 11 (6)
Kärnten: 10 (19)
Vorarlberg: 9 (9)
Wien: 6 (11)

Österreich: 195(199)

Quelle: BMI, Statistik Austria, VCÖ 2019

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