Nachfragegesteuerte Mobilitätsangebote können viele Zweitautos einsparen

Bereits 400.000 Zweit- und Drittautos in Niederösterreich

VCÖ (Wien, 24. Jänner 2020) – Zweitautos sind im Schnitt nur eine halbe Stunde am Tag im Einsatz, 23,5 Stunden sind sie „Stehzeuge“. In Niederösterreich gibt es bereits 400.000 Zweit- und Drittautos, macht der VCÖ aufmerksam. Nachfragegesteuerte Mobilitätsangebote, wie Anrufsammeltaxis und Shuttle-Busse, können die Auto-Abhängigkeit deutlich reduzieren, so ein Ergebnis der gestern bei der FH St. Pölten durchgeführten VCÖ-Fachkonferenz. Wichtig ist, dass diese Angebote das öffentliche Linienangebot ergänzen und in die Fahrplanauskunft eingebunden sind.

Bereits 43 Prozent der Autos von Niederösterreichs Haushalten sind Zweit- und Drittautos, informiert der VCÖ. Im Schnitt werden Niederösterreichs Zweitautos nur 7.720 km pro Jahr gefahren. Damit sind sie im Schnitt 23,5 Stunden am Tag Stehzeuge statt Fahrzeuge. „Eine hohe Anzahl an Zweit- und Drittautos ist kein Zeichen von Wohlstand, sondern ein Indiz für Mangel an Nahversorgung und an öffentlich zugänglichen Mobilitätsangeboten. Nachfragegesteuerte Mobilitätsangebote, wie Anrufsammeltaxis oder Shuttle-Busse, erhöhen die Freiheit in der Verkehrsmittelwahl und können vielen Haushalten das Zweitauto ersparen. Damit reduzieren sich für die Bevölkerung die Mobilitätskosten und gleichzeitig wird die Umweltbilanz der Mobilität verbessert“, erklärt VCÖ-Sprecher Christian Gratzer.

„Mobilitätsdienstleistungen für Regionen und Städte in Niederösterreich“ war das Thema der VCÖ-Fachkonferenz, die gestern an der FH St. Pölten durchgeführt wurde. Fast 100 Fachleute diskutierten Anforderungen und die nötigen Rahmenbedingungen, damit neue Mobilitätsdienstleistungen erfolgreich sind. „Mobility as a Service“ (MaaS) heißt das Schlagwort und bedeutet auch, dass vorhandene Angebote, wie Anrufsammeltaxis, Carsharing, Gemeindebusse mit dem Öffentlichen Verkehrsangebot verknüpft werden. „Für die Region hat Mobility as a Service die Chance, verschiedene Angebote zu verknüpfen. Gleichzeitig macht es Lücken im Angebot sichtbar und schafft das Bewusstsein für die Notwendigkeit nahtlos verknüpfter Alternativen“, erklärt der MaaS-Experte Tobias Haider von "mobyome".

Auch die Niederösterreicherin Susanna Hauptmann, Expertin für „Mobility as a Service“ bei Kapsch TrafficCom, sieht in diesen Angeboten ein großes Potenzial, die Mobilität in Stadt und Stadtumland sowie im ländlichen Raum neu und umweltfreundlich zu gestalten: „Eine Voraussetzung dafür ist, die unterschiedlichen Anbieter und Services miteinander zu verbinden, zu integrieren. Die technischen Möglichkeiten dazu sind vorhanden - was wir brauchen ist eine noch engere Kooperation aller Beteiligten über Länder- und Branchengrenzen hinaus.“

Die Mobilitätsangebote sind an die unterschiedlichen Geographien Niederösterreichs, vom urbanem bis zum ländlichen Raum, anzupassen, betont Frank Michelberger, Leiter des Carl Ritter von Ghega Instituts für integrierte Mobilitätsforschung an der Fachhochschule St. Pölten: „Verschiedene Ausprägungen von "MaaS" werden notwendig sein und diese wiederum müssen untereinander abgestimmt sein, damit eine durchgängige Mobilität angeboten werden kann.“

Die VOR-Geschäftsführer Thomas Bohrn und Wolfgang Schroll unterstreichen: „Heute gilt ein Verbundticket für Bahn und Bus, viele bedarfsorientierte Verkehre sind zudem im VOR integriert. Dieser erfolgreiche Ansatz – ein Ticket für alle – soll weiterentwickelt werden: Es braucht eine unternehmensunabhängige Plattform, die alle Mobilitätsanbieter für die Kundinnen und Kunden zusammenführt im Sinne einer einfachen, komfortablen und sicheren Mobilität – am besten mit Mobilitätsgarantie“.

Auch Silvia Kaupa-Götzl, die Geschäftsführerin von ÖBB-Postbus, sieht in nachfragesteuerten Angeboten eine große Chance für ein gutes und klimaverträgliches Mobilitätsangebot. „Mikro ÖV eignet sich aus Sicht von ÖBB Postbus sehr gut, um Lücken im Öffentlichen Verkehrsangebot im ländlichen Raum zu schließen. Damit ein Zweitauto nicht mehr erforderlich ist, um mobil zu sein.“

Positiv wurde bei der Fachkonferenz gesehen, dass im Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung das Ziel der Mobilitätsgarantie und die Verbesserung des öffentlich zugänglichen Mobilitätsangebots in den Regionen festgeschrieben ist.

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