In Österreich ist Autoverkehr seit 2010 doppelt so stark gestiegen wie im EU-Schnitt

Ohne Reduktion des Autoverkehrs sind Klimaziele nicht erreichbar

VCÖ (Wien, 26. September 2019) – Seit dem Jahr 2010 hat der Autoverkehr in der EU um sechs Prozent zugenommen. In Österreich war die Zunahme mit über elf Prozent fast doppelt so hoch, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Eurostat zeigt. In den Niederlanden, Belgien, Spanien und Litauen sind die mit dem Auto gefahrenen Kilometer zurückgegangen. Die Klimaziele sind nur mit einer Reduktion des Autoverkehrs erreichbar. Der VCÖ fordert ein dichteres Öffi-Netz mit häufigeren Bahn- und Busverbindungen sowie den starken Ausbau der Infrastruktur für den Radverkehr. Zudem ist das Steuersystem endlich an die Klimakrise anzupassen.

Der Autoverkehr in der EU hat in den vergangenen Jahren weiter zugenommen. Um sechs Prozent sind die mit dem Auto gefahrenen Kilometer in den 28 EU-Staaten seit dem Jahr 2010 gestiegen. In Österreich war die Zunahme mit 11,3 Prozent fast doppelt so hoch, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse zeigt. Höher als in Österreich war die Zunahme nur in zehn EU-Staaten. In vier EU-Staaten gab es in den vergangenen Jahren den aus Klimaschutzsicht EU-weit nötigen Rückgang des Autoverkehrs: Die Niederlande verzeichnen seit dem Jahr 2010 eine Reduktion der mit Pkw gefahrenen Kilometer um 3,8 Prozent, Litauen um 3,7 Prozent, Spanien um 2,6 Prozent und Belgien um 2,2 Prozent.

Die Gründe für die Rückgänge sind unterschiedlich. Die Niederlande und Belgien haben vor allem in den Städten den Autoverkehr stark reduziert, autofreie Zonen geschaffen und das Radfahren und Gehen forciert. Beispielsweise nahm der Anteil des Autoverkehrs in der belgischen 260.000 Einwohner-Stadt Gent binnen sechs Jahren von 55 auf 39 Prozent im Jahr 2018 ab, der Radverkehrsanteil stieg von 22 auf 35 Prozent. In der niederländischen Stadt Utrecht (380.000 Einwohner) ist der Autoanteil seit 2011 von 24 auf 19 Prozent zurückgegangen, der Radverkehrsanteil von 39 auf 47 Prozent gestiegen. Beide Staaten besteuern zudem Sprit höher. In Belgien kostet ein Liter Diesel heute um 22 Cent mehr als in Österreich, Benzin um 12 Cent mehr, in den Niederlanden ist pro Liter für Diesel um rund 17 Cent mehr zu zahlen als in Österreich und für Benzin 39 Cent mehr. Spanien hat eine stärkere Verlagerung auf die Bahn erreicht. In Litauen ist der Rückgang nicht auf Verkehrsmaßnahmen zurückzuführen.

Insgesamt wurden in der EU im Jahr 2017 bereits mehr als 4.900 Milliarden Personenkilometer mit dem Auto gefahren. Nimmt der Autoverkehr im gleichen Ausmaß wie in den vergangenen Jahren zu, dann wird bereits heuer die 5.000 Milliarden Kilometer Grenze überschritten, macht der VCÖ aufmerksam. In Österreich wurden im Jahr 2017 rund 82 Milliarden Personenkilometer mit dem Auto gefahren, im Jahr 2018 waren es bereits rund 83 Milliarden Kilometer.

„Eine Trendwende ist nur erreichbar, wenn sowohl auf EU-Ebene als auch von den einzelnen Mitgliedsstaaten verstärkte Maßnahmen gesetzt werden. Die EU ist gefordert, viel stärker als bisher in die grenzüberschreitenden Bahnverbindungen zu investieren“, betont VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen. In Österreich ist unter anderem der öffentliche Nahverkehr zu verbessern. Elf der 124 regionalen Zentren sind nicht ans Bahnnetz angebunden. Besonders großen Aufholbedarf hat Österreich bei der Rad-Infrastruktur, die mit Unterstützung des Bundes stark auszubauen ist.

„Österreich muss endlich auch sein Steuersystem an die Klimakrise anpassen. Klimaverträgliches Verhalten ist zu belohnen, der CO2-Ausstoß stärker zu besteuern“, spricht sich VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen für eine umfassende ökosoziale Steuerreform mit einer CO2-Steuer aus. Ein Teil der Einnahmen soll als Klimabonus nach Schweizer Vorbild an die Bevölkerung zurückfließen. Die umweltschädlichen Förderungen, die laut Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO allein im Verkehr mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr ausmachen, sind rasch zu reduzieren.

VCÖ: Autoverkehr in Österreich seit 2010 doppelt so stark gestiegen wie im EU-Schnitt (Prozentuelle Zunahme der mit Pkw gefahrenen Kilometer seit dem Jahr 2010)

Niederlande: minus 3,8 Prozent
Litauen: minus 3,7 Prozent
Spanien: minus 2,6 Prozent
Belgien: minus 2,2 Prozent

Kroatien: 1,9 Prozent
Griechenland: 2,3 Prozent
Finnland: 2,9 Prozent
Großbritannien: 4,0 Prozent
Slowakei: 4,6 Prozent

Deutschland: 5,5 Prozent
Slowenien: 5,8 Prozent
Italien: 6,7 Prozent
Frankreich: 6,8 Prozent
Schweden: 7,4 Prozent

Polen: 9,0 Prozent
Portugal: 10,1 Prozent
Zypern: 11,1 Prozent
Österreich: 11,3 Prozent

Ungarn: 15,3 Prozent
Dänemark: 16,2 Prozent
Tschechien: 16,9 Prozent
Irland: 17,6 Prozent
Luxemburg: 18,1 Prozent
Malta: 19,0 Prozent
Lettland: 21,7 Prozent
Bulgarien: 23,0 Prozent
Rumänien: 28,9 Prozent
Estland: 29,5 Prozent

EU-28 Schnitt: 6,0 Prozent
Quelle: Eurostat, VCÖ 2019

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