VCÖ: Frankreich ab Sonntag das 5. EU-Land mit Tempo 80 auf Freilandstraßen

VCÖ: In Österreich seit dem Jahr 2010 mehr als 2.000 Verkehrstote auf Freilandstraßen

VCÖ (Wien, 28. Juni 2018) – Das tödliche Unfallrisiko auf Freilandstraßen ist hoch. Allein seit dem Jahr 2010 starben in Österreich mehr als 2.000 Menschen bei Verkehrsunfällen auf Freilandstraßen, macht der VCÖ aufmerksam. In Frankreich wird nun mit 1. Juli Tempo 80 auf Freilandstraßen eingeführt, um die Zahl der tödlichen Unfälle zu reduzieren. Der VCÖ weist darauf hin, dass schon jetzt in Dänemark, Finnland, Malta und Zypern Tempolimit 80 gilt, in Schweden darf auf Freilandstraßen höchstens 70 km/h gefahren werden.

Das hohe Unfallrisiko auf Freilandstraßen spiegelt sich in der Unfallstatistik wider. Allein im Vorjahr kamen in Österreich 210 Menschen bei Verkehrsunfällen auf Freilandstraßen ums Leben. Damit passierte die Hälfte der tödlichen Unfälle auf Freilandstraßen, macht der VCÖ aufmerksam. Allein im Zeitraum 2010 bis 2017 kamen 2.045 Menschen bei Verkehrsunfällen auf Freilandstraßen ums Leben, das waren rund 54 Prozent aller Verkehrstoten.

„Hohes Tempo ist auf Freilandstraßen ein Sicherheitsproblem. Umso mehr als in Österreich die Toleranzgrenze beim Überschreiten von Tempolimits hoch ist, deutlich höher als beispielsweise in der Schweiz“, stellt VCÖ-Experte Markus Gansterer fest. Während in der Schweiz die Toleranz beim Überschreiten von Tempolimits 3 bis 5 km/h beträgt, ist sie in Österreich auf Freilandstraßen doppelt bis dreimal so hoch. Bei Tempolimit 100 bedeutet das dann 110 km/h oder sogar mehr.

Die Reduzierung des Tempolimits auf 80 km/h, wie das Frankreich ab 1. Juli macht, ist eine wirksame Maßnahme, um die Zahl der schweren Unfälle zu reduzieren, betont der VCÖ. Das zeigen auch Erfahrungen in Österreich. In Tirol wurde im Jahr 1993 das Tempolimit auf Freilandstraßen auf 80 km/h gesenkt, die Zahl der Verkehrstoten ging um 27 Prozent zurück. Nach Aufhebung von Tempo 80 durch den Verfassungsgerichtshof nahm die Zahl der Verkehrstoten stark zu. Im Jahr 1994 kamen bei Verkehrsunfällen in Tirol 122 Menschen ums Leben, um 47 mehr als im Jahr davor.

Bei Tempo 80 ist der Anhalteweg deutlich kürzer als bei Tempo 100. Damit können Unfälle entweder überhaupt vermieden werden oder der Zusammenstoß erfolgt mit niedrigerem Tempo, was die Unfallschwere reduziert, betont der VCÖ. Ein Auto, das mit Tempo 80 einen Anhalteweg von 55 Meter hat, hat mit Tempo 100 einen Anhalteweg von 79 Metern und nach 55 Meter noch ein Tempo von 68 km/h.

Der VCÖ weist darauf hin, dass in etlichen Staaten Europas die Tempolimits auf Freilandstraßen niedriger sind als in Österreich. In Schweden gilt Tempo 70, in Dänemark, Finnland, Malta, Norwegen und Zypern gilt Tempolimit 80. Auch in der Schweiz gilt auf den meisten Freilandstraßen Tempolimit 80. Nur dort, wo es die Sicherheit zulässt, ist ein höheres Tempolimit möglich. In der Schweiz kamen im Vorjahr insgesamt 230 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben, in Österreich war die Zahl der Todesopfer mit 413 deutlich höher.

Der VCÖ tritt für die Einführung des Schweizers Modells in Österreich ein: Ein höheres Tempolimit als 80 km/h soll auf Freilandstraßen nur dort erlaubt sein, wo es aus Sicht der Verkehrssicherheit zu rechtfertigen ist. "Damit erfolgt eine Beweislastumkehr. Derzeit muss die Reduzierung des Tempolimits begründet werden", erklärt VCÖ-Experte Gansterer.

Bei Tempo 80 ist zudem der Spritverbrauch um rund zehn Prozent niedriger als bei Tempo 100 und damit reduziert sich auch der klimaschädliche CO2-Ausstoß um zehn Prozent. „Tempo 80 statt 100 verbessert Österreichs Klimabilanz und auch die Luftqualität, da weniger Stickoxide und weniger Feinstaub ausgestoßen werden“, betont VCÖ-Experte Gansterer. Zudem ist die Lärmbelastung für die Anrainerinnen und Anrainer geringer.

 

VCÖ: In Österreichs jeder zweite tödliche Verkehrsunfall auf Freilandstraßen

(Anzahl Verkehrstote auf Freilandstraßen - Anteil an Verkehrstoten in Österreich)

Jahr 2017: 210 Verkehrstote (50,8 Prozent aller Verkehrstoten)

Jahr 2016: 239 Verkehrstote (55,3 Prozent)

Jahr 2015: 257 Verkehrstote (53,7 Prozent)

Jahr 2014: 212 Verkehrstote (49,3 Prozent)

Jahr 2013: 261 Verkehrstote (57,4 Prozent)

Jahr 2012: 267 Verkehrstote (50,3 Prozent)

Jahr 2011: 292 Verkehrstote (55,8 Prozent)

Jahr 2010: 307 Verkehrstote (55,6 Prozent)

Summe: 2.045 Verkehrstote (53,6 Prozent)

Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2018

 

VCÖ: In vielen Staaten ist Tempolimit auf Freilandstraßen niedriger als in Österreich

Tempo 70: Schweden, Teile Belgiens (Flandern)

Tempo 70 plus: Litauen

Tempo 80: Dänemark, Finnland, Frankreich (ab 1. Juli), Malta, Norwegen, Zypern

Tempo 80 plus: Irland, Niederlande, Schweiz.

Tempo 90: Estland, Italien, Kroatien, Lettland, Luxemburg, Slowakei

Tempo 90 plus: Belgien, Bulgarien, Griechenland, Großbritannien, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn. 

Tempo 100: Deutschland, Österreich

Quelle: EU-Kommission, VCÖ 2018

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