VCÖ: Österreich beim Bahngüterverkehr im EU-Spitzenfeld

VCÖ: Bürokratische und technische Hürden im EU-Bahngüterverkehr rasch beseitigen

VCÖ (Wien, 4. Juli 2018) – Der Gütertransport ist beim Klimaschutz eines der größten Sorgenkinder in der EU. Der VCÖ weist darauf hin, dass in der EU die Bahnen nur 17 Prozent der Güterverkehrsleistung erbringen, der Lkw-Transport hat mit 72 Prozent einen vier Mal so hohen Anteil. Österreich ist zwar mit 31 Prozent Schienengüterverkehrsanteil im EU-Spitzenfeld, aber als Transitland von der Zunahme des Lkw-Verkehrs besonders stark betroffen. Der VCÖ fordert eine Mindestmaut für Lkw in der EU sowie die Beseitigung von bürokratischen Barrieren im grenzüberschreitenden Bahngüterverkehr.

Die Zunahme des Gütertransports in der EU war auf der Straße seit dem Jahr 2000 mit rund 17 Prozent fast sechs Mal so hoch wie auf der Schiene, macht der VCÖ aufmerksam. Bereits 72 Prozent der Landtransporte werden mit dem Lkw gemacht, nur 17 Prozent mit der Bahn. Der Rest verteilt sich auf Pipelines und Inland-Wasserwege.

Die Unterschiede beim Schienengüterverkehr in der EU sind zwischen den Mitgliedsstaaten sehr groß, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Eurostat-Daten zeigt. Spitzenreiter sind die baltischen Staaten Lettland und Litauen , wo Erz- und Kohletransporte für einen hohen Bahnanteil von 77 Prozent bzw. 65 Prozent sorgen. Österreich hat mit rund 31 Prozent den sechsthöchsten Bahnanteil in der EU. In Deutschland kommt die Schiene auf einen Anteil von nur 19 Prozent, Schlusslichter sind Irland und Griechenland mit jeweils rund 1 Prozent.

Bei der Schienengüter-Verkehrsleistung im Verhältnis zur Einwohnerzahl liegt Österreich mit 2.435 Tonnenkilometern pro Kopf an dritter Stelle innerhalb der EU, hinter Lettland und Litauen. Pro Kopf ist die Güterverkehrsleistung der Bahnen in Österreich drei Mal so hoch wie im EU-Schnitt und rund sieben Mal so hoch wie in Italien.

„Die EU und ihre Mitgliedsstaaten müssen den Gütertransport rasch auf Klimakurs bringen und den Anteil der Bahn deutlich erhöhen. Derzeit stehen sie sich dabei aber mit zahlreichen bürokratischen Hürden selber im Weg“, stellt VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen fest. Bei einem Güterzug von Rotterdam nach Nova Zagora in Bulgarien muss mehrmals die Lok gewechselt werden. Zudem benötigen die Lokführer für jeden durchfahrenen Mitgliedsstaat gute Sprachkenntnisse, was wiederum häufige Lokführerwechsel zur Folge hat. Anders auf der Straße: Ein Lkw darf selbstverständlich in allen EU-Ländern fahren, auch werden vom Lkw-Lenker keine Sprachkenntnisse für das Land, das durchquert wird, verlangt. „Jeder Lokwechsel kostet Zeit und Geld und bringt die Bahnen in einen Wettbewerbsnachteil“, so VCÖ-Expertin Rasmussen.

Österreich ist als Transitland vom steigenden Lkw-Verkehr besonders betroffen. Allein über dem Brenner fuhren im Vorjahr 2,25 Millionen Lkw, um rund 400.000 mehr als noch im Jahr 2010, macht der VCÖ aufmerksam. Zum Vergleich: Über alle vier Schweizer Alpenpässe fuhren im Vorjahr in Summe 956.000 Lkw. Und im Vergleich zum Jahr 2010 nahm der alpenquerende Lkw-Verkehr in der Schweiz massiv ab, nämlich um 282.000.

„Die Schweiz hat den Rückgang des Alpentransits mit einem starken Ausbau der Bahn und gleichzeitig einer hohen Lkw-Maut erreicht. In der Schweiz werden auch die externen Kosten, wie beispielsweise die von Lkw verursachten Umwelt- und Gesundheitsschäden, in die Maut eingerechnet. Die EU ist gut beraten, sich bei der Güterverkehrspolitik an der Schweiz ein Vorbild zu nehmen, wenn sie ihre Verkehrs- und Klimaziele erreichen möchte“, stellt VCÖ-Expertin Rasmussen fest.

Der EU-Vorsitz ist für Österreich eine Chance, das Bewusstsein für nötige Änderungen im Bereich des Güterverkehrs in der EU zu erhöhen und Reformen auf den Weg zu bringen. Neben dem raschen Abbau bürokratischer und technischer Hindernisse beim grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr ist für Lkw eine verursachergerechte Mindestmaut in der gesamten EU einzuführen.

 

VCÖ: Bei Bahngüterverkehr ist Österreich im EU-Spitzenfeld

(Mit Bahn transportierte Tonnenkilometer pro Einwohner - Anteil der Bahn am Gütertransport am Land)

Lettland: 8.140 Tonnenkilometer pro Einwohner (Anteil des Schienengüterverkehrs: 76,6 Prozent)

Litauen: 4.842 Tonnenkilometer (65,0 Prozent)

Österreich: 2.435 Tonnenkilometer (31,5 Prozent)

Schweden: 2.142 Tonnenkilometer (29,4 Prozent)

Slowenien: 2.110 Tonnenkilometer (33,3 Prozent)

Estland: 1.779 Tonnenkilometer (42,9 Prozent)

Finnland: 1.718 Tonnenkilometer (26,8 Prozent)

Slowakei: 1.540 Tonnenkilometer (34,5 Prozent)

Tschechien: 1.476 Tonnenkilometer (26,4 Prozent)

Deutschland: 1.408 Tonnenkilometer (18,8 Prozent)

Polen: 1.334 Tonnenkilometer (24,7 Prozent)

Ungarn: 1.075 Tonnenkilometer (28,5 Prozent)

Rumänien: 689 Tonnenkilometer (30,3 Prozent)

Belgien: 669 Tonnenkilometer (11,6 Prozent)

Kroatien: 526 Tonnenkilometer (17,3 Prozent)

Frankreich: 486 Tonnenkilometer (10,9 Prozent)

Bulgarien: 484 Tonnenkilometer (17,1 Prozent)

Dänemark: 448 Tonnenkilometer (11,1 Prozent)

Niederlande: 389 Tonnenkilometer (6,0 Prozent)

Italien: 375 Tonnenkilometer (14,5 Prozent)

Luxemburg: 340 Tonnenkilometer (6,2 Prozent)

Portugal: 269 Tonnenkilometer (14,5 Prozent)

Großbritannien: 259 Tonnenkilometer (8,4 Prozent)

Spanien: 227 Tonnenkilometer (5,3 Prozent)

Griechenland: 24 Tonnenkilometer (1,3 Prozent)

Irland: 21 Tonnenkilometer (0,9 Prozent)

Kein Bahngüterverkehr in Malta und Zypern

Quelle: EU-Kommission, VCÖ 2018

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