VCÖ: Große Unterschiede bei Bahn-Anteil im Pendlerverkehr von Umland nach Wien

VCÖ: City-Maut kann Anreiz zum Umstieg sein, ermöglicht rascheren Ausbau von Öffi-Angebot

VCÖ (Wien, 29. Mai 2018) – Rund 200.000 Personen fahren zwischen fünf und neun Uhr in der Früh aus dem Umland nach Wien. Der Anteil der Bahnpendler ist aus dem Raum Klosterneuburg am höchsten, weist der VCÖ auf Daten der Planungsgemeinschaft Ost hin. Eine AK-Studie zeigt, dass die Anzahl der Bahnpendler aus dem Umland nach Wien verdoppelt werden kann. Die Erfahrungen beispielsweise aus Stockholm zeigen, dass mit der City-Maut ein wirksamer Anreiz zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel gesetzt wird. Die Staubelastung nimmt dadurch stark ab, der Verkehr wird flüssiger. 

Die Wienerinnen und Wiener legen 73 Prozent ihrer Alltagswege mit Öffis, zu Fuß und mit dem Fahrrad zurück und damit dreimal so viele wie mit dem Auto. Anders das Verhältnis bei den nach Wien Einpendelnden. Im Frühverkehr zwischen fünf und neun Uhr kommen rund zwei Drittel mit dem Auto nach Wien, ein Drittel mit dem Öffentlichen Verkehr. „Sichtbar wird das durch die täglichen Staus, umso mehr als in neun von zehn Autos nur eine Person sitzt. Für die Anrainerinnen und Anrainer an den Stadteinfahrten ist wiederum die Belastung durch Abgase hoch“, weist VCÖ-Experte Markus Gansterer auf die Folgen des zunehmenden Autoverkehrs nach Wien hin.

Je nach Einpendler-Region ist der Anteil der Bahnpendler unterschiedlich hoch, wie eine Erhebung der Planungsgemeinschaft Ost für das Jahr 2014 zeigt. Spitzenreiter beim Bahnpendler-Anteil ist der Korridor Klosterneuburg, wo immerhin 52 Prozent mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Wien einpendelten, aus dem Raum Mistelbach 44 Prozent und aus dem Raum St. Pölten 42 Prozent, informiert der VCÖ. Der Raum Gänserndorf und Stockerau weisen den niedrigsten Anteil von Öffi-Pendlern auf.

Im Vergleich zum Jahr 2009 ist der Bahnpendler-Anteil aus dem Raum St. Pölten stark gestiegen, macht der VCÖ aufmerksam. Im gleichen Zeitraum hat die Zahl der Auto-Pendler aus dem Raum Gänserndorf stark zugenommen. „Die Entwicklung ist die Folge unterschiedlicher verkehrspolitischer Maßnahmen. Zwischen St. Pölten und Wien wurde die Bahn beschleunigt, die Zahl der Verbindungen stark erhöht und im Westen von Wien wurde die Parkraumbewirtschaftung ausgedehnt. Im Korridor Gänserndorf wurde hingegen die Straße ausgebaut und es gibt in den angrenzenden Wiener Bezirken keine Parkraumbewirtschaftung“, erklärt VCÖ-Experte Gansterer die unterschiedliche Entwicklung.

Eine im Jahr 2016 veröffentlichte Studie der Arbeiterkammer zeigt, dass es beim Pendlerverkehr ein sehr großes Umsteigepotenzial vom Auto auf die Bahn gibt. Doppelt so viele Pendler wie heute mit der Bahn in die Arbeit fahren, wohnen in der Nähe eines Bahnhofs. Eine S-Bahn in Doppeltraktion ersetzt pro Fahrt im Frühverkehr 775 Autofahrten. 775 Autos aneinandergereiht ergeben eine mehr als drei Kilometer lange Autokolonne. Um das Potenzial zu nutzen, reicht eine weitere Verbesserung des Bahnangebots nicht aus. „Es braucht auch Anreize, etwa über Mobilitätsmanagement der Unternehmen, wie das zum Beispiel Boehringer Ingelheim macht und auch über Lenkungsmaßnahmen, wie die nun diskutierte City-Maut“, stellt VCÖ-Experte Gansterer fest.

In Stockholm beispielsweise ist der Kfz-Verkehr nach Einführung der City-Maut um 20 Prozent zurückgegangen, deutlich weniger Staus waren die Folge, der Verkehr wurde flüssiger. „Die City-Maut ist vor allem eine Anti-Stau-Maut. Das ist auch ein wesentlicher Grund, warum die Zustimmung der Bevölkerung nach der Einführung in Stockholm stark gestiegen ist, von 36 Prozent ein Jahr vor der Einführung auf 74 Prozent vier Jahre nach der Einführung“, stellt VCÖ-Experte Gansterer fest. 

Der VCÖ fordert den rascheren Ausbau der Bahn- und Busverbindungen für Pendlerinnen und Pendler sowie den Bau von Rad-Highways aus dem Umland nach Wien. Im deutschen Ruhrgebiet wird derzeit ein 100 Kilometer langer Rad-Highway errichtet, um die Stauprobleme zu verringern. „Viele Autofahrer sind auch Radfahrer. Das Fahrrad ist genauso wie das Auto ein Individualverkehrsmittel. Die Bereitschaft zum Umstieg ist bei vielen groß, vorausgesetzt es gibt eine gute Infrastruktur für den Radverkehr. Vor allem durch die boomenden Elektro-Fahrräder ist das Potenzial sehr groß“, betont VCÖ-Experte Gansterer.

 

VCÖ: Bahnpendleranteil aus Umland nach Wien unterschiedlich hoch

(Anteil Öffentlicher Verkehr vom Umland nach Wien zwischen 5 und 9 Uhr im Jahr 2014, in Klammer Jahr 2009)

Korridor Klosterneuburg: 52 Prozent mit Öffentlichem Verkehr (54 Prozent)

Korridor Mistelbach: 44 Prozent mit Öffentlichem Verkehr (46 Prozent)

Korridor St. Pölten: 42 Prozent mit Öffentlichem Verkehr (31 Prozent)

Korridor Gänserndorf: 31 Prozent mit Öffentlichem Verkehr (42 Prozent)

Korridor Stockerau: 29 Prozent mit Öffentlichem Verkehr (24 Prozent)

Quelle: Planungsgemeinschaft Ost, VCÖ 2018

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