VCÖ: Alpentransit in der Schweiz seit 2010 um ein Viertel zurückgegangen, in Österreich massive Zunahme

VCÖ (Wien, 3. Mai 2018) – Während in der Schweiz die Zahl der alpenquerenden Lkw seit dem Jahr 2010 jedes Jahr zurückgegangen ist, nimmt in Österreich der Lkw-Verkehr massiv zu, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse zeigt. Über alle Schweizer Alpenpässe fuhren im Vorjahr 0,95 Millionen Lkw, allein über den Brenner waren es mit 2,25 Millionen mehr als doppelt so viele. Der VCÖ fordert die Umsetzung eines Maßnahmenpakets nach Schweizer Vorbild.

„Österreich und die EU können in der Güterverkehrspolitik sehr viel von der Schweiz lernen“, stellt VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen anlässlich des heutigen Besuchs der Schweizer Verkehrsministerin Doris Leuthard fest. Im Vorjahr überquerten 954.000 Lkw alle Schweizer Alpenpässe, das waren um 21.000 weniger als im Jahr 2016 und sogar um 282.000 weniger als im Jahr 2010. Im Vergleich zum Höchststand im Jahr 2000, als 1,4 Millionen Lkw im Schweizer Alpentransit gezählt wurden, ging die Zahl der Lkw um 450.000 zurück, das ist ein Rückgang um ein Drittel, wie die VCÖ-Analyse zeigt.

Völlig konträr die Situation in Österreich. Allein über den Brenner fuhren im Vorjahr mit 2,25 Millionen Lkw mehr als doppelt so viele wie über alle vier Schweizer Alpenpässe. Im Vergleich zum Jahr 2016 waren über den Brenner um 150.000 Lkw mehr unterwegs, seit dem Jahr 2010 wurde am Brenner eine Zunahme um 400.000 Lkw verzeichnet, macht der VCÖ aufmerksam. Im Vergleich zum Jahr 2000 nahm die Zahl der Lkw über den Brenner sogar um 690.000 zu, ein Plus von 44 Prozent. 

„Die Schweiz hat den Rückgang im alpenquerenden Güterverkehr durch eine konsequente Verlagerungspolitik erreicht. Neben dem starken Ausbau der Bahn, hat vor allem mehr Kostenwahrheit im Straßengüterverkehr den Lkw-Verkehr reduziert“, erläutert VCÖ-Expertin Rasmussen.

In der Schweiz gibt es seit dem Jahr 2001 flächendeckend auf allen Straßen eine Lkw-Maut, in Österreich nur auf Autobahnen und Schnellstraßen und damit auf nicht einmal zwei Prozent des Straßennetzes, weist der VCÖ auf einen zentralen Unterschied hin. Zudem werden in der Schweiz externe Kosten, wie die vom Lkw-Verkehr verursachten Umwelt- und Gesundheitsschäden zu einem hohen Anteil in die Maut eingerechnet, in Österreich nur zu einem sehr geringen Anteil. Die im Transitverkehr weit verbreiteten Lkw der Abgasklasse EURO 6 sind von externen Kosten überhaupt befreit.

Drittens wird Diesel – der Kraftstoff der Lkw - gleich hoch besteuert wie Benzin, in Österreich wird Diesel steuerlich begünstigt. Die Mineralölsteuer ist um 8,5 Cent pro Liter niedriger als für Eurosuper.

In der Schweiz ist zudem die Toleranzgrenze beim Überschreiten von Tempolimits mit 3 bis 5 km/h deutlich niedriger als in Österreich, macht der VCÖ aufmerksam. Dass für Lkw auf Autobahnen und Schnellstraßen Tempolimit 80 gilt, ist für Autofahrer nicht erkennbar, weil der Großteil der Lkw 90 km/h oder mehr fährt und dafür nicht bestraft wird. Weiters ist das Ausflaggen in Österreich weit verbreitet. Frächter melden Lkw in benachbarten osteuropäischen Staaten an, wo deutlich niedrigere Mindestlöhne und schlechtere arbeits- und sozialrechtliche Standards gelten.

„Je billiger der Lkw-Transport ist, umso mehr Waren werden auf der Straße quer durch Europa transportiert. Die rechte Fahrspur auf Autobahnen ist mittlerweile zur rollenden Lagerhalle geworden. Österreich kann selber viele Maßnahmen setzen, um die Situation für Anrainer und Autofahrer zu verbessern. Und Österreich sollte den EU-Vorsitz nutzen, um umfassende Maßnahmen für mehr Kostenwahrheit im Lkw-Transport und den verstärkten Ausbau der Bahn zu erreichen“, stellt VCÖ-Expertin Rasmussen fest.

 

VCÖ: Allein über Brenner mehr als doppelt so viele Lkw wie über die gesamte Schweiz

(Anzahl Lkw über Brenner, in Klammer Anzahl Lkw über die 4 Schweizer Alpenübergänge)

Jahr 2017: 2,25 Millionen Lkw (0,956 Millionen Lkw)

Jahr 2016: 2,10 Millionen Lkw (0,975 Millionen Lkw)

Jahr 2015: 2,07 Millionen Lkw (1,01 Millionen Lkw)

Jahr 2014: 2,01 Millionen Lkw (1,03 Millionen Lkw)

Jahr 2013: 1,94 Millionen Lkw (1,05 Millionen Lkw)

Jahr 2012: 1,97 Millionen Lkw (1,15 Millionen Lkw)

Jahr 2011: 1,89 Millionen Lkw (1,20 Millionen Lkw)

Jahr 2010: 1,85 Millionen Lkw (1,24 Millionen Lkw)

Jahr 2000: 1,56 Millionen Lkw (1,40 Millionen Lkw)

Quelle: Land Tirol, BAV, VCÖ 2018

 

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