Zentral geliefert – fein verteilt

Transportservice Outspoken in Cambridge: Die Stadt Cambridge berücksichtigt Warenlieferung per Fahrrad in Ausschreibungen.

Mikro-Depots als Ausgangspunkte erhöhen das Potenzial von Transportfahrrädern für die innerstädtische Güterverteilung. Wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei das Angebot kostengünstiger geeigneter Flächen oder Immobilien, die das Stadtbild nicht beeinträchtigen.

>> Von Karl Reiter und Susanne Wrighton

Je kürzer die Zustelldistanzen, desto wirtschaftlicher gestaltet sich der Einsatz von Transportfahrrädern für die städtische Logistik. Ideal ist ein Zustellgebiet mit nicht mehr als drei Kilometer Radius, wobei auch fünf Kilometer und mehr möglich sind. Um die Potenziale der Fahrradlogistik auszuschöpfen, sind städtische Mikro-Depots oder MicroHubs und City-Hubs, wie sie international auch genannt werden, nötig. Das Mikro-Depot-Konzept mit dem Einsatz von Transportfahrrädern für die „letzte Meile“ im Stadtgebiet erfüllt ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeitsziele von Kommunen, Lieferdiensten und Handel in hohem Maße.

Das Beispiel Hamburg

„Morgens mit Lkw-Container rein in die Stadt, vom Containerstandort Feinverteilung mit dem Cargo-Bike, abends Container wieder raus aus der Stadt.“ So lautet das Grundprinzip des Hamburger Modellprojekts von UPS und Hamburger Senat. Dieses Modellprojekt ist in Deutschland der erste große und erfolgreiche Test eines Logistikkonzepts mit Transportfahrrädern in der Paketzustellung. Durch die Kombination von vier Standorten für Wechselbrücken (Lkw-Aufbauten) mit Feinverteilung per Transportfahrrad und Handwagen konnten acht von neun der üblichen UPS-Lieferwagen in der Hamburger Innenstadt dauerhaft ersetzt werden. Der Senat vergibt ein Sondernutzungsrecht für die Standorte, UPS zahlt dafür. Das Projekt rechnet sich für UPS. Ein Folgeprojekt läuft bereits in Offenbach, Oldenburg und Dublin stehen vor der Umsetzung. In Nordrhein-Westfalen haben weitere zwölf Städte Interesse. In Berlin sind sechs Mikro-Depots geplant.
Ein Nachteil wird von UPS selbst genannt, nämlich dass die „Möblierung des öffentlichen Raums“ mit Containern nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Eine Alternative könnten leerstehende Erdgeschoßflächen oder gering ausgelastete Tiefgaragen und Parkhäuser sein, wenn die Höhe ausreichend ist. Die Stadt Hamburg erlaubt über ein Sondernutzungsrecht die Nutzung des öffentlichen Raumes für das Aufstellen von Mikro-Depots. In Deutschland wird aber schon von Mitgliedern des Bundestags vorgeschlagen, analog zur Flächenbereitstellung für Carsharing-Plätze auch solche für städtische Logistikflächen in der Straßenverkehrsordnung vorzusehen.

Innerstädtische Versorgung per Transportfahrräder: Im spanischen San Sebastian betreibt die Fahrradlogistikfirma Txita erfolgreich ein Mikro-Depot in einem Gebäudeuntergeschoß

City-Hubs in San Sebastian

Die baskische Stadt San Sebastian, eine Partnerstadt im Europäischen -Cycle Logistics-Projekt, betreibt über ihre Fahrradlogistikfirma Txita ein sehr erfolgreiches Mikro-Depot in einem Gebäudeuntergeschoß für die innerstädtische Versorgung. Für die Errichtung neuer Standorte wurden auch ästhetische Kriterien zugrunde gelegt. Es werden nun auch multi-funktionale City-Hubs umgesetzt. Dabei werden überdachte Fahrradabstellanlagen, Fahrradverleihstationen und bei Bedarf öffentliche Toiletten und weitere öffentliche Dienstleistungen mit Mikro-Depots verknüpft.

San Sebastian ist auch in Bezug auf die Nutzung von Fußgängerzonen durch Transportfahrräder innovative Wege gegangen. Während in weiten Teilen der Fußgängerzone der normale Fahrradverkehr nicht erlaubt ist, sind diese für Transportfahrräder offen. Begründet wird dies damit, dass die Fahrradlogistikerinnen und -logistiker eine professionelle Fahrausbildung haben und für die Befahrung sensibler Bereiche geschult sind.

Öffentliche Beschaffung mit Fahrradlogistik

Über die Bereitstellung und Förderung von Mikro-Depots können Städte einen wesentlichen Beitrag zum Durchbruch der Fahrradlogistik leisten. Ein weiteres wichtiges Element ist die Verankerung der Fahrradzustellung in kommunalen und unternehmerischen Beschaffungsrichtlinien. Die Stadt Cambridge ist hier Vorreiterin, sie stellt sicher, dass Warenlieferungen per Fahrrad in den städtischen Ausschreibungen berücksichtigt und wenn möglich sogar bevorzugt werden. Auch die gerade in Erarbeitung befindlichen EU-weiten Beschaffungsempfehlungen enthalten die Zustellung per (Transport-)Fahrrad. Öffentliche Einrichtungen können über diesen Weg eine Eisbrecherfunktion für die Fahrradlogistik in Städten erfüllen.

>> cargobike.jetzt; cyclelogistics.eu

>>Zu Autor/Autorin: Karl Reiter und Susanne Wrighton von der Forschungsgesellschaft Mobilität in Graz beschäftigen sich seit einigen Jahren mit dem Thema Transportfahrräder, etwa im Zuge des EU-Projektes Cycle Logistics und des Folgeprojektes Cycle Logistics Ahead

Definition: Mikro-Depots

Mikro-Depots sind an geeigneten Orten in den Zustellbezirken von Lieferdiensten abgestellte, motorisierte Nutzfahrzeuge oder Container, aber auch geeignete Immobilien. Sie ermöglichen die eigentliche Zustellung oder Abholung mit Transportfahrrädern oder fußläufigen Transporthilfen auf der „letzten Meile“. Mikro-Depots können kooperativ genutzt werden. (Definition aus: Studie „Nachhaltige Stadtlogistik durch Kurier Expressdienste“ des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik)

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