Von Mikro-Hub und KombiBus zu E-Lkw

Pakete fahren Bus: Beim KombiBus-Konzept in der deutschen Uckermark werden Güter im Personenbusverkehr transportiert und so Synergien genutzt.

Im Jahr 2019 wurden 784 Millionen Tonnen Güter durch Österreich transportiert, der Großteil davon auf der Straße. Beim VCÖ-Mobilitätspreis ausgezeichnete Projekte zeigen klimaverträgliche Lösungen für Logistik, Transport und Güterverkehr.

Von Doris Neubauer

Für die urbane Großregion rund um Wien klimaverträgliche Gütertransportlösungen zu entwickeln, ist eines der Ziele des Kooperationsprojekts „Logistik 2030+”. Im Jahr 2017 luden das Amt der niederösterreichischen Landesregierung, die Stadt Wien und die Wirtschaftskammern Wien und Niederösterreich 300 Stakeholder ein, einen Aktionsplan für die Zeit bis zum Jahr 2030 zu entwickeln. Dieser sollte neben CO2 -Einsparungen eine Verkehrsreduktion ohne Leistungs- und Qualitätsverlust erreichen. 35 Maßnahmen und 133 Aktionen umfasst der im Jahr 2019 beschlossene Plan, an dessen Umsetzung die Stakeholder seither arbeiten. „Fast wöchentlich gibt es tolle Fortschritte und Kooperationen, die neue Erkenntnisse und Ergebnisse liefern“, freut sich Angelika Winkler von der Stadt Wien über die Zusammenarbeit aus Verwaltung und Wirtschaft. Diese ermögliche, Aktionen umzusetzen, die ursprünglich für nur sehr schwer umsetzbar gehalten wurden. Beispielsweise die Etablierung von betreiberunabhängigen Paketboxen. Das ist eines der zehn Pilotprojekte, die Logistik 2030+ initiierte und nun begleitet. „Seit das Projekt im Jahr 2020 beim VCÖ-Mobilitätspreis ausgezeichnet wurde, bekommen wir immer wieder Anfragen, weitere Initiativen als Pilotprojekte in Logistik 2030+ aufzunehmen. Wir werden auch für Partnerschaften in internationalen Projekten angefragt“, bestätigt die Auszeichnung für Winkler, für diese Art der Zusammenarbeit ein Vorzeigeprojekt geschaffen zu haben.

Diesel auf E-Antrieb umrüsten

Schadstoffe und Lärm bei Transporten im urbanen Raum reduzieren soll das vom steirischen Transportunternehmen Herbert Temmel GmbH erarbeitete Konzept zur Umrüstung alter Diesel-Lkw auf Elektro-Antrieb, das im Jahr 2019 mit dem VCÖ-Mobilitätspreis ausgezeichnet wurde. „Ein so komplexes Projekt ist nur mit Profis aus allen beteiligten Fachgebieten umzusetzen – von Lieferanten bis zu den Menschen, die an der Zugmaschine mit der Umsetzung betraut sind“, erklärt Geschäftsführer Martin Treffer. Im deutschen Start-Up „e-troFit“ hat Temmel den nötigen Partner gefunden. Inzwischen ist der erste umgerüstete Lkw im Einsatz. „Es ist geplant, weitere Fahrzeuge dieser Baureihe von Mercedes Actros umzurüsten“, so Treffer, „eventuell noch im Jahr 2021.“ Hat sich die Technik einmal bewährt, könne das Fahrzeug in Serie umgebaut werden. „Das gibt Hoffnung auf eine rasche Steigerung der Produktionszahlen in naher Zukunft“, ist er optimistisch.

Transport-Fahrräder für die letzte Meile

Pionierarbeit für umweltverträglichen Güterverkehr leistete auch ein beim VCÖ-Mobilitätspreis 2017 ausgezeichnetes Projekt. Die Technische Hochschule Nürnberg entwickelte ein datenbasiertes Konzept für Mikro-Depots: Umschlagplätze, von denen Transport-Fahrräder Pakete abholen und auf der letzten Meile zustellen. Was anfangs bei Politik sowie Kurier- und Paket-Diensten auf Skepsis stieß, hat sich bewährt: „Mikro-Depots sind in Deutschland inzwischen vielerorts konzeptionell etabliert, aber wir waren die Ersten“, betont Ralf Bogdanski von der TH Nürnberg, der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur als Experte für den Nationalen Radverkehrsplan zu Mikro-Depots und Transportradlogistik bestellt wurde. „In den Gesetzgebungsprozess konnte ich all unsere Erkenntnisse einbringen“, so Bogdanski. Die Einsichten flossen auch in Folgeprojekte wie die laufende Forschungsarbeit „PedeListics“ zur Nutzung von Transport-Fahrrädern in Kommunen und lokalen Unternehmen.

Busse nehmen Pakete mit

Aus Erfahrungen gelernt hat auch die Uckermärkische Verkehrsgesellschaft UVG bei ihrem KombiBus-Konzept, bei dem Güter im Personenverkehr transportiert werden. „Die Auszeichnung mit dem VCÖ-Mobilitätspreis im Jahr 2013 hat in der öffentlichen Wahrnehmung sehr geholfen“, meint Geschäftsführer Lars Boehme, „gleichzeitig gab sie den Anstoß, das Produkt weiterzuentwickeln.“ Bis dahin nur im B2B-Bereich eingesetzt, adaptierte die UVG mit der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde das Konzept für den Endkundenbereich. „Eine Buchhandlung, mit der wir zusammenarbeiten, gibt Bücher im Fahrzeug ab. Die Kundinnen und Kunden nehmen das Buch an der Haltestelle entgegen“, erklärt UVG-Projektleiter Frank Berndt das Prinzip des neuen „UCKER Warentakt“. Wer die Ware wieder zurücksenden möchte, kann das ebenfalls über die UVG-Busse erledigen. Künftig sollen leerstehende Gebäude als Verteil- und Abholzentren etabliert werden. Auch die Installation von Paketboxen an stark frequentierten Kreuzungen sei möglich. „Ziel ist es, ein System für den ländlichen Raum zu entwickeln, das auf jeden Landkreis übertragbar ist“, erklärt Boehme.

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