VCÖ-Factsheet: Regionalbahnen in Österreich ausbauen

Der Bedarf an gut ausgebauten Regionalbahnen nimmt in Österreich zu. Neben der Modernisierung bestehender Strecken ist ein Ausbau in Regionen, die an Bevölkerung zunehmen, wichtig.

VCÖ-Factsheet 2018-09 als PDF

Im Jahr 2017 waren 291 Millionen Fahrgäste mit Österreichs Bahnen unterwegs, um 49 Millionen mehr als im Jahr 2010, das ist ein Plus von rund 20 Prozent. Im Schnitt werden in Österreich pro Person und Jahr 1.439 Kilometer mit der Bahn gefahren. Österreich ist Spitzenreiter in der EU, in Europa wird nur in der Schweiz mehr Bahn gefahren.

Eine zentrale Bedeutung für die Mobilität der Bevölkerung außerhalb der Ballungszentren haben die Regionalbahnen. Immerhin wohnen in Österreich rund 4,1 Millionen Menschen außerhalb der Ballungsräume. Gute Regionalbahnverbindungen machen Regionen als Wohnort attraktiver.

Regionalbahnen legen an Fahrgästen zu

Von 19 ausgewerteten Regionalbahnen hatten 14 im Jahr 2017 deutlich mehr Fahrgäste als im Jahr 2012.

Die Bahn ist für die Regionen ein wichtiges Mobilitätsangebot, die Fahrgastzahlen steigen. Regionalbahnen werden in der Regel besser angenommen als Regionalbusse. Entscheidend für den Erfolg von Regionalbahnen ist, dass sie ein modernes Image, zeitgemäße Fahrzeuge und Stationen, guten Service, attraktive Fahrzeiten, Taktfahrplan mit regelmäßigen Verbindungen auch zu Tagesrandzeiten und am Wochenende sowie umsteigefreie Verbindungen in die regionalen Zentren und Städte haben. Der Öffentliche Verkehr soll nicht nur Mindeststandards erfüllen, sondern hohe Qualität bieten.

Im etwa 5.600 Kilometer langen Schienennetz Österreichs sind rund 2.500 Kilometer vollspurige Regionalbahnen und 300 Kilometer Schmalspurbahnen. Fast 800 Kilometer der Infrastruktur gehörenprivaten Gesellschaften und sind nicht Teil des ÖBB-Netzes.

Investitionen bringen mehr Fahrgäste

Regionalbahnen, die guten Komfort bieten und in dichtem Takt fahren, verzeichnen deutliche Fahrgaststeigerungen. Züge der S-Bahn Steiermark nutzen auf der neuen Linie S6 das erste Teilstück der Koralmbahn. Zwischen Graz und Deutschlandsberg bringt dies zusammen mit neuen Gelenktriebwagen eine Fahrzeitverkürzung um 15 Minuten. Auf der neuen S6 und der bisherigen Strecke S61 zusammen verzeichnete die Graz-Köflacher-Bahn im Vergleich zum Jahr 2012 ein Fahrgastplus von 19 Prozent auf rund 3,5 Millionen in 2017. Zuvor wurde im Jahr 2010 die S61 von 2,6 Millionen Fahrgästen genutzt.

Viele Verbesserungen bei Regionalbahnen

Regionalbahnen wurden in Österreich lange Zeit vernachlässigt und zahlreiche Strecken stillgelegt. In den vergangenen Jahren stieg das Bewusstsein über die Wichtigkeit der Regionalbahnen. Im Jahr 2014 wurde beispielsweise die Salzburger Lokalbahn von Trimmelkam nach Ostermiething verlängert. In Oberösterreich wird aktuell die Zukunft mehrerer ÖBB-Regionalbahnen diskutiert, die für die Regionen wichtig sind, aber einen Investitionsrückstand aufweisen: Hausruckbahn, Mühlkreisbahn, Almtalbahn und Aschacher Bahn.

Verbesserungen und Modernisierungen wurden in den vergangenen Jahren bei zahlreichen Regionalbahnen umgesetzt:

  • Neue Triebwagenflotte und kürzere Reisezeit durch Streckenmodernisierung auf der Mariazellerbahn, Fahrgaststeigerung seit dem Jahr 2012 um 30.000 auf 530.000 im Jahr 2017
  • Einbindung von Regionalbahnen in neu geschaffene S-Bahn-Netze mit Taktfahrplan wie zuletzt im Ballungsraum Linz
  • Streckenbegradigung auf der Stubaitalbahn in Tirol mit Neubau einer Brücke
  • Neue Niederflurfahrzeuge für die Attergaubahn
  • Barrierefreie Haltestellen für die Lokalbahn Wien – Baden und Ausschreibung neuer Triebwägen
  • Bahnhof-Modernisierungen und Bau eines zweigleisigen Abschnitts der Salzburger Lokalbahn und LokalExpress-Durchbindungen von Ostermiething nach Salzburg
  • Modernisierung von Strecke und Stationen der Lavanttalbahn im Zuge des Baus der Koralmbahn
  • Elektrifizierung der Gailtalbahn zwischen Arnoldstein und Hermagor bis Ende 2019, Ersatz durch Busse im Oberen Gailtail, teils Modernisierung von Bahnhöfen und Eisenbahnkreuzungen
  • Taktverdichtungen ab den Jahren 2018/2019 auf Regionalbahnen der ÖBB in Niederösterreich auf 30-Minuten-Takt in der Hauptverkehrszeit und täglichen Stundentakt
  • Modernisierung von Bahnhöfen und Fuhrpark- Erneuerungen auf elektrisch betriebenen Regionalbahnen von ÖBB und Raaberbahn

Potenziale bestehender Bahnstrecken nützen

Die Innere Aspangbahn führt zwischen Wien, Laxenburg, Traiskirchen und Felixdorf durch das Umland im Süden Wiens. Derzeit verkehren aber nur wenige Züge am Tag, am Wochenende gar keine. Durch das große Bevölkerungswachstum in dieser Region hat die Bahn enormes Potenzial. Um dieses zu heben, ist die Infrastruktur mit ihrer um Jahrzehnte zu alten Sicherungstechnik zu modernisieren. Neue Haltestellen können für Siedlungen sowie ein Industriezentrum eine schnelle Verbindung nach Wien herstellen.

In Linz endet die Mühlkreisbahn am Bahnhof Urfahr – die vorgesehene Durchbindung über die neue Donaubrücke zum Hauptbahnhof und eine Attraktivierung der Gesamtstrecke bis Aigen-Schlägl gilt es rasch umzusetzen, um den starken Pendelverkehr aus dem Mühlviertel verstärkt mit der Bahn zu bewältigen. Auch die geplante Strecke nach Gallneukirchen würde helfen, die Verkehrssituation im Raum Linz zu entspannen.

Mit Attraktivierung der Bahn die Region beleben

Die Bahnen bilden in den Regionen das Rückgrat des Öffentlichen Verkehrs. Sie sorgen für einen effizienten und klimaverträglichen Pendelverkehr und sind unter anderem für den Tourismus wichtig.

Die schmalspurige Murtalbahn fährt durch die Bezirke Murau und Tamsweg, die beide von Abwanderung geprägt sind. Die vorgeschlagene Attraktivierung mit modernen Fahrzeugen, dichterem Takt und kürzeren Fahrzeiten kann die Region beleben, touristische Impulse setzen und zur Stabilisierung der Bevölkerungszahl beitragen. Mit der Spange Horn ist vorgesehen, die Bezirkshauptstadt zusätzlich zur Kamptalbahn ab dem Jahr 2025 direkt an die Franz-Josefs-Bahn anzubinden, was die Fahrzeit von Horn nach Wien um mindestens 15 Minuten verkürzen soll.

Grenzüberschreitende Lückenschlüsse im Schienennetz, etwa von Bad Radkersburg nach Slowenien oder von Oberwart nach Ungarn, würden mit Hilfe von EU-Fördermitteln zum Zusammenwachsen der Regionen beitragen. Auf den beiden bestehenden Strecken zwischen Kärnten und Slowenien bei Bleiburg und Rosenbach braucht es für ein regelmäßiges Angebot dichteren Regionalverkehr über die Grenze.

Stadt-Umland mit Bahn optimal verbinden

Enden Bahnen nicht am Stadtrand, sondern führen zu einem Umsteigeknoten oder mehreren Halten im Zentrum, steigert dies ihre Attraktivität stark. Die Traunseebahn und die Gmundner Straßenbahn verkehren ab September 2018 durchgebunden als Stadtregiotram zwischen Gmunden und Vorchdorf mit neuen Fahrzeugen durch Gmundens Zentrum. Die Weizer Bahn soll als City-S-Bahn vom Bahnhof Weiz durch den Stadtkern zum Schulzentrum fahren, indem eine Güter-Anschlussbahn mit zwei neuen Stationen aufgewertet wird. In Innsbruck wird die Straßenbahn vom Zentrum in das Olympische Dorf verlängert und soll später als Regionalbahn nach Völs und Rum geführt werden. Investiert werden rund 400 Millionen Euro.

Bahnen erhöhen Attraktivität der Regionen

71 Prozent des Bahnnetzes in Österreich sind elektrifiziert. Züge mit Hybridantrieb, Akku oder Wasserstoffantrieb könnten künftig auf einigen Strecken elektrischen Betrieb ohne Oberleitungen ermöglichen.

Die Bahn bildet in den Regionen das Rückgrat des Öffentlichen Verkehrs und verbindet diese mit den größeren Zentren. Die wirtschaftlichen Vorteile einer Bahn für ihre Region reichen von effizientem Pendelverkehr über den Tourismus bis zum Gütertransport. Dabei weist jede Bahn spezielle Eigenschaften auf, wie regionalwirtschaftliche Struktur, Topografie und Bevölkerungsdichte.

In regionalen Zentren wie Oberwart, in denen der Bahnpersonenverkehr eingestellt wurde, ist die Wiederaufnahme anzustreben. Eine Umstellung auf barrierefreie, zeitgemäße Fahrzeuge lässt sich mit neuer Antriebstechnik kombinieren. So verkehren auf der Citybahn Waidhofen und der Erlauftalbahn noch keine barrierefreien Triebwägen.

Fahrzeuge mit kombiniertem Diesel- und Elektro- Antrieb oder mit Akku können auf Streckenabschnitten ohne Oberleitung den Einsatz von Dieselzügen vermeiden und die Durchbindung von Regionalbahnzügen über Hauptstrecken ermöglichen.

Österreichs Bahnen vollständig elektrifizieren

Im Jahr 2019 soll die Elektrifizierung der Gailtalbahn in Kärnten in Betrieb gehen, in Tirol wird voraussichtlich die restliche Außerfernbahn elektrifiziert. Die Elektrifizierung wichtiger Strecken wie jener zwischen Krems und St. Pölten, der Mattersburger Bahn im Burgenland, der Mattigtalbahn in Oberösterreich oder der steirischen Ostbahn sollten rasch umgesetzt werden.

Der Bahnstrom der ÖBB stammt zur Gänze aus erneuerbarer Energie. 71 Prozent des gesamten Bahnnetzes in Österreich sind elektrifiziert, in der Schweiz sind es fast 100 Prozent. Zur Elektrifizierung ohne Oberleitung will die dieselbetriebene Zillertalbahn als erste Schmalspurbahn der Welt ab dem Jahr 2022 auf Wasserstoffbetrieb setzen. Der Wasserstoff würde mithilfe von Strom aus den nahen Wasserkraftwerken hergestellt.

Quellen: Schienen-Control: Jahresbericht 2017, Statistik Austria 2018, Bahnunternehmen


VCÖ-Empfehlungen

Regionalbahnen modernisieren und ausbauen

  • Die Bahn als Flächensystem aus Haupt- und Regionalbahnen entwickeln. Maßnahmen zum Öffentlichen Verkehr aus dem „Masterplan Ländlicher Raum“ umsetzen
  • Siedlungsentwicklung mit dem Öffentlichen Verkehr abstimmen, Potenzial vorhandener Bahnstrecken nutzen
  • Schaffung und Erhalt des Güterverkehrs auf Regionalbahnen zur Sicherung lokaler produzierender Betriebe

In moderne Züge, Infrastruktur und Angebot investieren

  • Umstellung auf barrierefreies Wagenmaterial, Streckenbeschleunigung, Elektrifizierung, Durchbindung in größereStädte und Stadtzentren
  • Integration in Taktfahrplan, ganzjährig regelmäßige Verbindungen auch am Abend und am Wochenende
  • Hohe Mindeststandards im Öffentlichen Verkehr und optimale Vernetzung der Bahnen mit regionalen Buslinien und Mikro-ÖV
  • Bezirkshauptstädte und andere regionale Zentren sind gut mit dem Öffentlichen Verkehr erreichbar zu machen. Einbindung der Gemeinden in regionale Mobilitätskonzepte mit gesicherter Finanzierung
  • Bahnhof gut zu Fuß und mit dem Fahrrad erreichbar machen, gute Ausstattung von Haltestellen: komfortabler Wartebereich, Fahrgastinformation, Radabstellanlagen, Leihradstation

VCÖ-Factsheet 2018-09 als PDF

Markus Gansterer,
VCÖ-Verkehrspolitik:

„Die Fahrgastzahlen der meisten Regionalbahnen in Österreich steigen. Für die Regionen ist die Bahn ein wichtiger Teil des Verkehrssystems und hat mit weiteren Modernisierungen und mehr Angebot noch viel Potenzial.“


Die VCÖ-Publikation "Sharing und neue Mobilitätsangebote" im Wert von 30 Euro können Sie hier kostenlos downloaden. Die Printversion und weitere VCÖ-Publikationen (kostenlos als PDF und kostenpflichtig in Print) finden Sie im Online-Shop des VCÖ.

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