VCÖ-Factsheet: Sharing-Angebote für Gemeinden umsetzen

In immer mehr Gemeinden können Pkw, Elektro-Autos oder Fahrräder bequem ausgeliehen werden. Gemeinsam genutzte Fahrzeuge sind kostengünstiger für die Bürgerinnen und Bürger und das Mobilitätsverhalten wird damit umweltfreundlicher und gesünder.

VCÖ-Factsheet 2017-06 als PDF (3,1MB)

In Österreich gibt es immer mehr Zweitautos, die gleichzeitig immer weniger im Einsatz sind. Im Schnitt werden die 1,38 Millionen Zweit- und Drittautos lediglich rund 7.200 Kilometer pro Jahr gefahren, das sind um fast 1.200 Kilometer weniger als noch im Jahr 2010. Diese Fahrzeuge werden zwar das ganze Jahr bezahlt, aber nur für kurze Strecken oder wenige Wege in der Woche gebraucht. Das organisierte, gemeinsame Nutzen von Autos und anderen Fahrzeugen birgt großes Potenzial, Mobilität günstiger und auch umweltverträglicher zu machen. Denn bereits bei der Herstellung von Autos wird die Umwelt stark belastet.

Sharing in Wohnhäusern und Nachbarschaft ermöglichen und bewerben

Jeder dritte Haushalt in Österreich ist ein Ein-Personen-Haushalt. Bis zum Jahr 2030 wird die Zahl der Ein-Personen-Haushalte um rund 200.000 auf 1,6 Millionen steigen. Damit steigt die Nachfrage nach kleineren Wohnungen, der Bedarf am „Familienauto“ sinkt. Sharing-Angebote können von Gemeinden, in Wohnanlagen oder von Vereinen organisiert werden. Neue Technologien erleichtern das flexible Ausleihen und ermöglichen das Planen von Wegen und die spontane Kombination von Öffentlichem Verkehr, Fahrrad und Gehen mit Carsharing.

Die Zahl der autofreien Haushalte ist in Österreich größer als vielfach angenommen. Außerhalb Wiens weist das Land Salzburg mit 21 Prozent den höchsten Anteil autofreier Haushalte auf. In Gemeinden bis 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner liegt der Anteil autofreier Haushalte bei 13 Prozent, in Städten von 10.000 bis 100.000 Einwohnern bei 19 Prozent. In Wien liegt der Anteil der autofreien Haushalte bei 45 Prozent.

Nutzen statt besitzen verringert die Kosten

Rund 4.800 Euro pro Jahr gibt ein Haushalt in Österreich durchschnittlich für das Auto aus und für öffentliche Verkehrsmittel weniger als 300 Euro. Ein großer Teil der Kosten für das Auto fällt auch dann an, wenn wenig damit gefahren wird.

Pkw und andere Fahrzeuge gemeinsam zu nutzen oder flexibel ausleihen zu können hilft, die Kosten für ein eigenes Auto oder ein Zweitauto zu sparen. Wie immer mehr Beispiele zeigen, ist Carsharing auch außerhalb der Städte geeignet. Mittels Vereinen, Kommunalbetrieben oder Nachbarschaftsinitiativen kann die geteilte Nutzung von Fahrzeugen auch in kleineren Orten und ländlichen Regionen sehr gut angeboten werden. Dank der Digitalisierung sind Sharing-Angebote einfach zu organisieren. So wird in Niederösterreich bereits in rund 70 Gemeinden Carsharing mit Elektro-Autos angeboten. Im Nordburgenland setzt Energie Burgenland ECarsharing in Hornstein, Großpetersdorf, Neusiedl am See, Purbach und Siegendorf um. Viele Menschen lernen im Rahmen von Carsharing das Fahren mit einem Elektro-Auto kennen. Durch die Nutzung mehrerer Personen rechnet sich der höhere Kaufpreis eines E-Pkw schneller. Im Betrieb sind E-Pkw viel günstiger als herkömmliche Autos.

Privates Carsharing umsetzen

Angebote verschiedener Unternehmen und Internetplattformen erleichtern es, das Teilen eines Autos mit Bekannten oder Nachbarn bequem selbst zu organisieren. Gute Anlaufstellen sind zum Beispiel carsharing24/7 und Caruso Carsharing. Diese bieten die notwendige Technik und in Zusammenarbeit mit verschiedenen Versicherungsgesellschaften spezielle Pakete für das private Sharing von Autos an. Vorhandene private Pkw werden damit besser ausgelastet.

Erfolgreiches Carsharing von Gemeinden

Auch immer mehr Gemeinden schaffen ein E-Auto an und stellen es der Bevölkerung im Rahmen klarer Konditionen zur Verfügung, sei es als eigenes Sharing-Fahrzeug oder als Teil des Gemeinde-Fuhrparks. Dieses Konzept wurde beim Gaubitscher Stromgleiter in Niederösterreich angewendet. Das E-Fahrzeug wird für Dienstfahrten der Gemeinde sowie von Vereinen und für Privatfahrten von registrierten Personen verwendet. Im Rahmen des E-Carsharings EMIL in Salzburg-Itzling kann ein elektrisches Zustellfahrzeug der Post AG am Wochenende und an Feiertagen ausgeliehen werden.

Deutschland bekommt Carsharing-Gesetz

In Deutschland tritt mit September 2017 das neue Carsharing-Gesetz in Kraft. Darin wird erstmals klar geregelt, wann ein Auto als „Sharing-Fahrzeug“ gilt und wie Carsharing-Pkw bevorzugt werden können. Das betrifft vor allem reservierte Stellplätze im Straßenraum und Carsharing-Stationen. Dieses Gesetz hat für Österreich Vorbildwirkung.

In immer mehr Orten gibt es Bike-Sharing

In Niederösterreich bieten bereits rund 70 Gemeinden Carsharing mit Elektro-Fahrzeugen an

Mehr als die Hälfte der Alltagswege in Österreich ist kürzer als fünf Kilometer und in Radfahrdistanz. Durch Verkehrsberuhigung in Wohngebieten, den Ausbau von Radrouten und sichere Radwege entlang von Freilandstraßen können mehr Menschen im Alltag Strecken mit dem Rad fahren.

Die Möglichkeit ein Fahrrad spontan ausleihen zu können, erhöht die Flexibilität, etwa wenn das Fahrrad nur in eine Richtung benötigt wird. WeizBike wurde im Jahr 2016 mit dem VCÖ-Mobilitätspreis Steiermark ausgezeichnet. Dieses Fahrradleih-System verfügt über elf Stationen und 80 Fahrräder, davon 20 Elektro-Fahrräder. Die Räder stehen Personen, die im Besitz der Weizcard Deluxe sind, täglich 24 Stunden zur Verfügung. Nextbike bietet in Niederösterreich und im Burgenland ein gemeindeübergreifendes Netz an Leihrad-Stationen an. Die Fahrräder können rund um die Uhr per Internet oder Telefon stundenweise oder für einen Tag ausgeliehen werden. Mit einer ÖBB-Vorteilscard oder VOR-Jahreskarte kann ein nextbike-Rad eine Stunde, mit der Niederösterreich-Card einen Tag kostenlos genutzt werden. Auch erste Sharing-Systeme für Elektro-Mopeds kommen in die Praxis. E-Mopeds sind für Städte und Gemeinden attraktiv, da diese weder als laut noch als „Stinker“ wahrgenommen werden und weniger Fläche benötigen als Pkw.

Transport-Fahrrad gemeinsam nutzen

In Österreich gibt es immer mehr Zweit- und Drittautos. Der Anteil der autofreien Haushalte macht ein Viertel aller Haushalte aus.

Die geteilte Nutzung von Transport-Fahrrädern bietet sich gut in der Gemeinde, in Stadtteilen oder in Wohnanlagen an. Das Ausleihen lässt sich mit Internet-Plattformen einfach organisieren. Das zeigen zum Beispiel die Angebote LaRa Wiener Neustadt und LaRa Innsbruck sowie das ehrenamtliche Lastenradkollektiv in Wien. In Graz können vier Transporträder als Bezirksrad oder an wechselnden Standorten öffentlich ausgeliehen werden Im Modell des „Grätzelrads“ vergibt die Stadt Wien an Vereine und Initiativen eine Förderung für den Ankauf eines Transport-Fahrrads. Im Gegenzug verpflichten sich diese, das Grätzelrad zu betreuen und der Bevölkerung über eine Buchungsplattform kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Wie Sharing Wohnkosten reduziert

Im Wohnbau und in der Siedlungsentwicklung sind Mobilitätsangebote gefragt, die den Bedarf an Autos im Haushalt reduzieren. Das spart Parkplätze und ermöglicht leistbares Wohnen. Schon bei den Errichtungskosten können im Wohnbau mindestens 15.000 Euro pro Tiefgaragenplatz eingespart werden, wenn die Gemeinde die Zahl der verpflichtend zu errichtenden Pkw-Stellplätze reduziert. Im Gegenzug können verkehrsreduzierende Maßnahmen mit den Bauträgern vertraglich fixiert werden. Im Idealfall steht den Bewohnerinnen und Bewohnern einer Siedlung eine Auswahl von geteilt nutzbaren Fahrzeugen zur Verfügung – von Autos in verschiedenen Größen über E-Mopeds bis hin zu E-Fahrrädern und Transporträdern, wie es etwa das junge Unternehmen MO.Point anbietet.

Mobilitätskonzepte statt Stellplatzverpflichtung

Bei der Wohnsiedlung Feiersteig in Eisenstadt steht den Bewohnerinnen und Bewohnern ein Elektro-Auto der Energie Burgenland zur Verfügung. Zudem befinden sich in unmittelbarer Nähe zur Siedlung zwei E-Tankstellen. In Innsbruck wurde Carsharing in einer Wohnanlage mit den Kommunalbetrieben umgesetzt, in Bregenz mit Caruso Carsharing, in Graz Gösting mit dem Unternehmen Ibiola und in Kalsdorf bei Graz mit „Family eCarsharing“
Eine gute Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, eine gute Infrastruktur für das Radfahren und die Möglichkeit zum Carsharing helfen den Haushalten, monatliche Kosten zu sparen. Gezielte Maßnahmen im Wohnbau fördern die Freiheit in der Verkehrsmittelwahl – im Idealfall entfallen die hohen Fixkosten für einen Pkw.

VCÖ-Empfehlungen

Die VCÖ-Publikation „Personenmobilität auf Klimakurs bringe“ zeigt Wege zum Klimaziel auf und ist beim VCÖ um 30 Euro zu bestellen. T: +43-(0)1-893 26 97 E: vcoe@vcoe.at www.vcoe.at

Fahrzeuge geteilt nutzen

  • Das Teilen von Autos oder Transport-Fahrrädern spart Kosten und trägt zu einem klimaverträglichen Mobilitätsverhalten bei.
  • Carsharing ist ein optimales Einsatzgebiet für Elektro-Fahrzeuge und Transporträder, da die höheren Ankaufkosten auf alle Nutzenden verteilt werden.
  • Radleihsysteme ermöglichen eine spontane, flexible Nutzung des Fahrrads.
  • Sharing ermöglicht E-Autos, E-Fahrräder und Transporträder auszuprobieren

Sharing unterstützen und fördern

  • Sharing-Standorte sollen gut sichtbar und bequem erreichbar sein.
  • Vereine und Initiativen als Gemeinde unterstützen: Zum Beispiel durch Elektro-Ladestation, Gemeindeamt als Anlaufstelle, Beratung.
  • Bahnhöfe und wichtige Haltestellen mit Carsharing und Leihrädern ausstatten.

Mobilität im Wohnbau mitplanen

  • Mobilitätskonzepte, Sharing-Angebote und Radfahr-Infrastruktur statt Pkw-Stellplatzverpflichtung: Eine zu hohe Zahl an Parkplätzen und Tiefgaragen verteuert das Wohnen und verursacht mehr Autoverkehr.
  • Effiziente Sammelgaragen ermöglichen statt kleiner Tiefgaragen im Wohnhaus
  • Verkehrsmittelübergreifende Planung, Platz für Gehen, Öffentlichen Verkehr und Radfahrenschaffen


>>„Das gemeinsame Nutzen von Autos, Elektro-Fahrzeugen oder Fahrrädern ist dank Internet und Smartphone so leicht wie nie. Zahlreiche Beispiele in Städten, Regionen, Gemeinden und Wohnanlagen zeigen, wie sich Sharing für verschiedene Anforderungen einfach organisieren lässt.“<<

Markus Gansterer, VCÖ-Verkehrspolitik

 

VCÖ-Factsheet 2017-06 als PDF(3,1MB)

Impressum:
VCÖ - Mobilität mit Zukunft. Bräuhausgasse 7–9, 1050 Wien, T +43-(0)1-893 26 97, E vcoe@vcoe.at, www.vcoe.at
Layout: VCÖ - Mobilität mit Zukunft. Fotos: Stadtmarketing Weiz (S.1.), Klima- und Energiefonds (S.3), VCÖ (S. 4)

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