Genuss statt Gedränge

Nulltourismus statt Overtourism. Die Covid-19-Pandemie brachte unerwartete Ruhe in die touristischen Hotspots. Doch wir werden wieder reisen – wird es eine nachhaltigere Form des Reisens sein?

Von Jutta Berger

Wir werden reisen, „denn Reisen ist ein Bildungsbeitrag, ein wesentlicher Teil unserer Lebenskultur“, ist Christian Schützinger, Geschäftsführer von Vorarlberg Tourismus, überzeugt. „Schnell einmal auf einen Kaffee nach Paris fliegen, das wird es aber nicht mehr spielen“, sagt Schützinger, „wir werden bewusster reisen, intensiver planen, um uns dann mit offenen Augen in einen anderen Kulturraum zu begeben. Der sinnvollste Beitrag, um den ökologischen Fußabdruck des Tourismus zu verkleinern, ist die Anreise klimaverträglicher zu gestalten.“ „Nach der Covid-19-Pandemie zum Business as usual zurückzukehren wäre angesichts der Klimakrise fatal“, warnt die Raumplanerin Sibylla Zech. Sie hat als Expertin am „Plan T”, dem Masterplan für Tourismus der Bundesregierung Österreichs, mitgearbeitet. Dieser Plan soll die Leitplanken für nachhaltigen Tourismus in Österreich setzen. Klimaverträglich reisen heißt für Sibylla Zech „entschleunigen, verweilen, genießen, europäische Destinationen wählen, auf regionale Produkte Wert legen, umweltverträglich anreisen und in der Region ebenso unterwegs sein. Das Reisen selbst wird integrativer Bestandteil des Ferienerlebnisses.“ Den stärksten CO2 -Fußabdruck liefert im Bereich Tourismus der Reiseverkehr. Noch reisen 75 Prozent der Österreich-Gäste, die vor allem aus Deutschland (37 Prozent), Österreich (26 Prozent) und anderen Nachbarstaaten (18 Prozent) kommen, mit dem Auto an. Für sie gilt es ein klimaverträgliches Mobilitätsangebot zu schaffen.

Erlebnis Anreise

Die erste und die letzte Meile der Reise bequem zu bewältigen, ist das wesentliche Kriterium für die Wahl des Verkehrsmittels. Wer will schon Koffer, Kinder und Kinderwagen, Fahrräder, Skier undundund vom weit entfernten Zielbahnhof zum Quartier schleppen, wenn hier das passende Angebot fehlt? Die letzte Meile muss kein Problem sein, macht es die Region Weißensee in Kärnten vor. Via www.mobilbuero.com kann bis am Vortag 20 Uhr der Transferdienst bestellt werden. Er bringt die Gäste vom Bahnhof Greifenburg ohne Schlepperei in den 76 Quadratkilometer großen Naturpark. Dort locken 200 Kilometer Wander- und Radwege, acht Schiffsstationen, die von einem Elektro-Hybrid-Boot angesteuert werden. Tourismusleiter Thomas Michor sieht die Zukunft im öffentlichen Personennahverkehr. „Die Verknüpfung zwischen Transport und Aufenthalt ist die Herausforderung. Wer die meistert, hat in Zukunft einen Angebotsvorteil. Junge Menschen in den Städten machen oft keinen Führerschein mehr oder diesen sehr viel später. Wenn wir diese Zielgruppe gewinnen wollen, müssen wir gute öffentliche Verkehrsmittel anbieten.“ Was von kleinen Tourismusgemeinden aber nicht erwartet werden darf, sei eine Frequenz des Öffentlichen Verkehrs wie in großen Städten: „Das können wir uns nicht leisten.“ Verkehrsunternehmen und Tourismus müssen verstärkt zusammenarbeiten, um umweltverträgliche Verkehrsmittel intelligent miteinander zu verknüpfen, rät Zech. Vorarlberg zeigt den Weg vor. Das Tourismusprogramm wird in das neue LandesMobilitätskonzept, das in Arbeit ist, integriert, Zug- und Busangebote sind gut aufeinander abgestimmt, alle Regionen lassen sich bequem mit Bahn beziehungsweise Bus erreichen.

Hop-on-hop-off

Für Entdeckungsfreudige hat Vorarlberg Travel ein Hop-on-hop-offAngebot ausgeklügelt, das mit Bahn und Bus von Bregenz nach Lech und über den Tannberg und den Bregenzerwald zurück nach Bregenz führt. Bus und Bahn sollen künftig mit der Gästekarte benutzt werden können, ein Pilotprojekt in der Alpenregion Bludenz läuft. Ein Wermutstropfen in Vorarlberg ist, dass noch die gute Anbindung ans internationale Bahnnetz fehlt, mit dem derzeit laufenden Ausbau der Bahn in Süddeutschland wird aber auch dieses Hindernis für den Umstieg auf die Bahn beseitigt.

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