Erfolg durch persönliche Überzeugungsarbeit

In den Regionen abseits der Ballungszentren, mit vielen Zweit- und Drittwagen in den Haushalten, ist das Potenzial von Carsharing und Bikesharing groß. Das haben auch viele Gemeinden Österreichs erkannt und schaffen innovative Angebote.

Mühlviertel goes MühlFerdl: Bereits in 17 Gemeinden stehen E-Carsharing-Autos zur Verfügung.

Der „MühlFerdl“ ist für alle da. So kann das Angebot des flächendeckenden E-Carsharings im Mühlviertel zusammengefasst werden. „Den typischen Mühl-Ferdl-Kunden gibt es nicht“, weiß Simon Klambauer vom Energiebezirk Freistadt. Gemeinsam mit den Klima- und Energiemodellregionen Donau-Böhmerwald sowie Urfahr-West hat die Region im Jahr 2016 den MühlFerdl entwickelt: Mittlerweile steht in 17 Gemeinden Mitgliedern je ein Elektro-Auto zur Verfügung. Die Gemeinde sorgt für Parkplatz samt Ladestation, um Planung und Vertrieb kümmert sich die Modellregion. Gebucht werden die Fahrzeuge per Computer oder Smartphone. „Vorteil ist, dass von allen Mitgliedern jedes der 17 MühlFerdl-Autos genutzt werden kann“, erklärt Klambauer. Nur zurückbringen müssen Nutzende das Auto an seinen fixen Standort.

E-Auto statt Zweitauto

Für Ronald und Vivien de Block kam das Angebot gerade recht. „Letzten August sind wir von Wien nach Königswiesen umgezogen“, erklären die 51-Jährigen, „seitdem nutzen wir das Carsharing für Ausflüge. Da wir nicht täglich fahren müssen, ist der MühlFerdl perfekt für uns.“ Sie sind allerdings eher eine Ausnahme. Die meisten – von der Jungfamilie bis zu Pensionierten, von Firmen bis Vereinen – nutzen die Elektro-Autos als Zweitwagen-Ersatz. „Bei der Jugend haben wir noch wenig Erfolg“, räumt Klambauer ein.

Das Kombi-Angebot aus einer Stunde Theorie, einer Perfektionsfahrt mit dem E-Auto und einer vergünstigten MühlFerdl-Mitgliedschaft für junge Führerscheinbesitzende soll das bald ändern. „Generell merken wir, dass Carsharing im ländlichen Raum noch schwierig ist“, berichtet der Freistädter, „viele Menschen haben genug Geld für ein Zweit- oder Drittauto und möchten nicht auf diese Bequemlichkeit verzichten.“

Probefahrten, Stammtisch für MühlFerdl-Mitglieder und persönliche Überzeugungsarbeit seien notwendig. Unterstützend wirkt die Zusammenarbeit mit Akteurinnen und Akteuren vor Ort, ergänzt sein Kollege Johannes Traxler. So hätte in der peripheren Gemeinde St. Georgen am Walde der Bürgermeister die Gemeinde überzeugt, als Betrieb eine Mitgliedschaft zu unterzeichnen und tat als Privatperson dasselbe. In Neumarkt begünstigt neben dem Engagement des Energievereins auch eine gute Anbindung an den Öffentlichen Verkehr nach Linz und Freistadt das Carsharing.

Sharing in der Region

Die Wichtigkeit einer engagierten Fürsprache sowie der Anbindung an den Öffentlichen Verkehr bestätigt auch Carsten Sommer vom Institut für Verkehrswesen an der Universität Kassel. „Günstiger in Anschaffung und im Betrieb, umweltverträglicher und gesünder – dank dieser Vorteile setzen auch immer mehr ländliche Regionen auf Mobility-Sharing. Dabei werden Informations- und Kommunikationstechnologien genutzt, um die Interaktion zwischen den Nutzenden zu vereinfachen sowie das Angebot zu verbreiten. Je zugänglicher das Angebot ist, desto eher würde ich das System unter Sharing einordnen. Dabei geht es sowohl um räumliche, als auch zeitliche Zugänglichkeit für eine möglichst breite Gruppe von Nutzenden“, fasst Carsten Sommer Erfolgskriterien für Carsharing-Angebote zusammen.

Bundeslandweit leihen und zurückgeben

Auf breite Zugänglichkeit setzt auch „Kärnten rent e-bike“ – das nach Eigendefinition erste flächendeckende, regionenübergreifende Radverleihsystem Mitteleuropas. Seit dem 1. Mai 2018 können Gäste wie Einheimische in 55 Hotels, Tourismusbüros, Sportgeschäften und Bars kärntenweit Fahrräder unterschiedlicher Art sowie Zubehör ausleihen und überall im Bundesland an den Verleihstationen zurückgeben. Die Buchung erfolgt online oder an der Verleihstation.

„Der Gast wie auch der Einheimische denkt nicht in Gemeinde- oder Regionengrenzen“, erklärt der Projektverantwortliche Peter Wrolich von der Kärnten Werbung. „Was sie wollen, ist Ausleihen des Rades in einem Ort und Rückgabe im nächsten. Abgesehen davon ist das Verleihsystem eine große Erleichterung für unsere Hotelbetriebe in Kärnten. Sie müssen nun nicht mehr um teures Geld Fahrräder anschaffen.“ Verantwortliche sprechen von einer „zufriedenstellenden Auslastung“. Evaluieren, perfektionieren und erweitern – vielleicht sogar Richtung Slowenien – steht in den nächsten Jahren auf dem Plan. „Wir haben viele Anfragen bekommen“, freut sich Wrolich, „ich bin mir sicher, dass bald viele Regionen Europas ein ähnliches Konzept auf die Beine stellen werden.“

Von Doris Neubauer

Simon Klambauer
Energiebezirk Freistadt

"Ein Vorteil ist, dass jedes MühlFerdl-Mitglied Zugriff auf den ganzen Fahrzeug-Pool in den 17 MühlFerdl-Gemeinden hat."

Peter Wrolich
Kärnten Werbung

"Gäste und Einheimische denken nicht in Gemeindegrenzen. Was sie wollen, ist Ausleihen des Fahrades in einem Ort und Rückgabe im nächsten. Und das Verleihsystem ist eine große Erleichterung für die Hotelbetriebe."

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