Elektrisch mobil

Katrin Dziekan

Umweltbundesamt Dessau- Roßlau, Fachgebietsleiterin Umwelt & Verkehr  

„Bis zum Jahr 2050 muss der Verkehr in Deutschland seinen Treibhausgas-Ausstoß auf Null senken, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Spätestens dann müssen alle Straßenfahrzeuge mit Elektro-Motoren und Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden. Einzige Alternative sind aus regenerativem Strom hergestellte Kraftstoffe wie Power-to-Liquid oder Power-to-Gas.

Um diese Ziele zu erreichen, müssen Elektro-Autos aus den Schaufenstern auf die Straße und Strom aus zusätzlichen erneuerbaren Energiequellen tanken. Die derzeit in Deutschland eingeführte Kaufprämie kann nur ein Baustein sein. Zur Gegen-finanzierung wäre ein Bonus-Malus-System sinnvoll, bei dem Fahrzeuge mit hohem Kraftstoffverbrauch die Einführung der Elektro-Mobilität bezahlen. Ebenso wäre eine ergänzende Quotenregelung zielführend, die einen bestimmten Anteil von Elektro-Fahrzeugen an den jährlichen Neuzulassungen für die nächsten Jahre gesetzlich vorschreibt. Andere Länder zeigen, was nötig ist, damit sich ein über Jahrzehnte verfestigtes Mobilitätssystem wandelt.

Damit aber nicht einfach die aktuelle Verkehrsdichte unter anderen Vorzeichen erhalten bleibt, muss es eine flankierende Förderung von aktiver Mobilität, Carsharing und Elektro-Bussen geben. Denn auch Elektro-Autos stehen im Stau, können Unfälle verursachen, und Fahrzeuge sowie Infrastruktur nehmen erhebliche Flächen in Anspruch.“

Günter Steinbauer

Geschäftsführer der Wiener Linien

VCÖ-Magazin: Welche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, damit sich Elektro-Busse in Österreich durchsetzen können?
Steinbauer: In den vergangenen Jahren hat wohl keine andere Antriebstechnologie einen so großen Sprung nach vorne gemacht wie die Elektro-Technologie. Verbesserungspotenzial gibt es noch in Sachen Förderungen.

VCÖ-Magazin: Wäre ein rein elektrischer Öffentlicher Verkehr, auch bei Bussen, in Wien denkbar?
Steinbauer: Derzeit beträgt die Linienlänge mit Elektro-Bussen rund 4,5 Kilometer. Mit der weiteren Modernisierung der Busflotte wird eine zusätzliche Linie umgestellt. Knackpunkte für den Elektro-Betrieb sind die Reichweite und die Größe der Busse. Wenn sich Technologie und Fahrzeugangebot weiterentwickeln, ist in Zukunft sicher noch vieles möglich. 

VCÖ-Magazin: Welche innovativen Arten innerstädtischer Mobilität könnte es in Zukunft geben?
Steinbauer: Derzeit deutet sehr viel darauf hin, dass die Elektro-Mobilität die Antriebstechnologie ist, auf die es sich zu konzentrieren gilt. Hier tut sich einiges: So gibt es schon erste Projekte mit autonom fahrenden Elektro-Fahrzeugen für die sogenannte letzte Meile. 

VCÖ-Magazin: Planen die Wiener Linien auch, fahrerlose Fahrzeuge einzusetzen?
Steinbauer: Im Bereich der U-Bahn sind diese Pläne sehr weit fortgeschritten. Die U5 wird nach ihrer Fertigstellung vollautomatisch betrieben. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden dann im Zug zur Fahrgastinformation eingesetzt. 

Thomas Karl

Präsident des Verbandes der Bahnindustrie, Direktor Öffentlicher Verkehr bei Frequentis

„Das Thema Elektro-Mobilität wird, stark verkürzt, mit Elektro-Autos assoziiert. Tatsächlich praktiziert aber der Schienenverkehr bereits seit mehr als hundert Jahren diese Antriebstechnologie in ausgereifter Form. Der breite und erfolgreiche Einsatz dieser Technologie begründet sich in der einfachen Zuführung der Antriebsenergie im Wege von Fahrleitungen, aber auch mittels modernster Akkumulator-Technologie. Das Gesamtsystem Schienenverkehr und die Elektro-Traktion haben einen hervorragenden Gesamtwirkungsgrad, da etwa die Bremsenergie eines talwärts fahrenden Zuges bergauf fahrenden Zügen zugeführt werden kann. Die dynamische Entwicklung bei intelligenten Leit- und Sicherungssystemen und in der Antriebstechnik wird uns sogar noch weitere Steigerungen der Energieeffizienz im Bahnnetz bringen. Im städtischen öffentlichen Personennahverkehr liegen die Vorteile der elektrischen Traktion von U-, Stadt- und Straßenbahnen ohnehin auf der Hand, wo in den Ballungsräumen sowohl die Verkehrsdichte als auch die Emissionen auf den Straßen inakzeptable Werte erreicht haben. Unter Beachtung all dieser Gesichtspunkte ist es verkehrs- und umweltpolitisch zwingend sinnvoll, sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen konsequent positiv für den elektrisch betriebenen Schienenverkehr zu gestalten.“

Henriette Spyra

AustriaTech, Senior Expert Innovation & E-Mobilität 

VCÖ-Magazin: Wird Elektro-Mobilität zu sehr im Bereich Elektro-Autos gesehen, diskutiert und gefördert?
Spyra: In Österreich ist der Umsetzungsplan Elektro-Mobilität da sehr deutlich: Es geht nicht um einen reinen Antriebsersatz, sondern um das Gesamtsystem aus Öffentlichem Verkehr, Kfz bis hin zu Fahrrädern. Daher vergeben Bund und Bundesländer Förderungen für alle Fahrzeugarten sowie für Systemlösungen wie Elektro-Taxis oder Elektro-Carsharing. Fakt ist aber, der Kfz-Verkehr ist für 99 Prozent der CO2-Emissionen des Verkehrs verantwortlich. Wenn das Verkehrsaufkommen in den nächsten Jahren zunimmt, wird es schon eine große Herausforderung, den derzeitigen Modal Split zu halten. Der Straßenverkehr muss wesentlich sauberer werden, um bestehende Ziele zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2030 und darüber hinaus zu erfüllen. Technologisch ist das aus heutiger Sicht nur mit einer Elektrifizierung machbar. Gleichzeitig muss der Verkehr effizienter werden – dazu gehören Verkehrsverlagerung, Vermeidung von Leerfahrten, Carsharing etc.

VCÖ-Magazin: Zur Diskussion um autonom fahrende Fahrzeuge: Werden diese die Verbreitung von Elektro-Fahrzeugen beschleunigen beziehungsweise sollen autonomes Fahren und Elektro-Antrieb klar verknüpft werden?
Spyra: Autonomes Fahren und Elektro-Antrieb sollten in jedem Fall klar verknüpft werden, neue Player im Fahrzeugmarkt wie Google oder Tesla tun das auch. Der kürzlich vom Verkehrsministerium veröffentlichte Aktionsplan Automatisiertes Fahren verbindet das Thema nicht umsonst mit einem Zero-Emission-Ziel im Verkehr. 

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