Der Umwelt vor Gericht eine Stimme geben

Mit Thomas Alge, ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung, sprach das VCÖ-Magazin über die Bedeutung der Aarhus-Konvention für den Umweltschutz in Österreich und warum es schlecht für Umwelt und Gesundheit ist, dass der Vertragspartner, der Staat Österreich, deren Umsetzung seit dem Jahr 2001 hinauszögert.

VCÖ-Magazin: ÖKOBÜRO setzt sich für eine lückenlose Umsetzung der Aarhus-Konvention in Österreich ein. Weshalb?
Thomas Alge: Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Viele Städte in Österreich überschreiten seit Jahren massiv den Grenzwert für Stickoxid in der Luft, was zu Atemwegerkrankungen und Lungenschäden führen kann. So auch Salzburg. Im Jahr 2014 machte ÖKOBÜRO, unterstützt vom VCÖ, der Salzburger Landesregierung verkehrsbezogene Vorschläge zur Verbesserung der Luftqualität. Das Bundesland lehnte diese ab: Die bereits ergriffenen Maßnahmen seien ausreichend. Wir wandten uns an das Salzburger Landesverwaltungsgericht, weil wir klären lassen wollten, ob diese Ablehnung rechtens ist. Schließlich wurden die Stickoxid-Grenzwerte im Bundesland immer noch überschritten. Das Gericht beschäftigte sich aber gar nicht erst damit. Es wies unsere Klage ab, weil Umweltorganisationen in Österreich nicht das Recht haben, Maßnahmen einzuklagen. Und die Salzburger Messwerte sind heute unverändert um mehr als 40 Prozent über dem Grenzwert. 

VCÖ-Magazin: Sieht die Aarhus-Konvention so ein Klagerecht vor?
Thomas Alge: Ja, genau. Der Gerichtszugang für Umweltorganisationen ist eine der zentralen Säulen der Aarhus-Konvention. Sie sollen die rechtliche Stimme der Umwelt sein. In Österreich haben wir das aber nur in wenigen Ausnahmefällen. 

VCÖ-Magazin: Zum Beispiel?
Thomas Alge: Die Aarhus-Konvention verlangt neben dem Gerichtszugang auch Öffentlichkeitsbeteiligung bei Vorhaben mit großen Umweltauswirkungen (UVP-Verfahren). Deshalb haben Umwelt-organisationen in den UVP-Verfahren Parteistellung erhalten. Und sie dürfen dadurch die Genehmigungsbescheide dann auch vor Gericht bekämpfen. Wir schlagen daher vor, die Parteistellung für Umweltorganisationen auf das gesamte Umweltrecht auszudehnen. 

VCÖ-Magazin: Die Aarhus-Konvention gibt es seit 15 Jahren. Weshalb ist sie in Österreich nicht längst umgesetzt
Thomas Alge: Da existieren Ängste, dass Umweltorganisationen dann alle Genehmigungsverfahren in Österreich blockieren. Aber gerade der Blick auf die UVP zeigt, dass das fern von jeder Realität ist. Da gibt es pro Jahr im Schnitt zwei Anfechtungen durch NGOs. Denn es sind ja nur die Verfahren von Interesse, wo der Umwelt und oft auch der Gesundheit tatsächlich große Gefahr droht. 

Thomas Alge ist Umweltjurist und Geschäftsführer im ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung. ÖKOBÜRO vertritt gemeinsame juristische und politische Interessen von 16 österreichischen Umweltorganisationen, darunter der VCÖ.

Die Aarhus-Konvention ist ein Abkommen der UN-Wirtschaftskommission für Europa. Sie regelt Rechte von -Öffentlichkeit und Umweltorganisationen in Umweltangelegenheiten. Das Abkommen ist im Jahr 2001 in Kraft -getreten und hat 47 Vertragsparteien, darunter sowohl Österreich als auch die EU.

 

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