Das Recht auf Wind im Haar

Flott unterwegs: Sichtlich Spaß macht die Ausfahrt per Fahrrad-Rikscha in Baden bei Wien.

Wo Radfahren boomt, erleben auch Spezialfahrräder einen Aufwärtstrend. Neben Transportfahrrädern gibt es mittlerweile viele Geräte und Initiativen, die Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit körperlicher Einschränkung Radfahren ermöglichen.

>> Von Susanne Wolf

Lustenau, Vorarlberg: eine Gruppe von älteren Menschen ist unterwegs zu einem Ausflug. Das Besondere daran: Je zwei ältere Personen sitzen in einer Rikscha, die von jüngeren Leuten gelenkt wird. „Radeln ohne Alter“ nennt sich diese Initiative, die von Kopenhagen aus ihren Weg ins Ländle gefunden hat. „Das Recht auf Wind im Haar“ lautet das Motto von „Radeln ohne Alter“.

Elke Fitz hat die Initiative mitgegründet: „Wir haben zwei Rikschas und 30 ehrenamtliche Fahrerinnen und Fahrer, die bei uns auch eine Ausbildung erhalten“ (siehe auch Interview auf Seite 12). Im Osten Österreichs hat die Caritas diese Idee aufgegriffen: „Unsere Bewohnerinnen und Bewohner lieben die Ausfahrten ins Kaffeehaus oder an den Ort, wo sie aufgewachsen sind“, erzählt -Petra Mühlberger vom Haus Baden. In anderen Caritas-Pflegeheimen, etwa in Wien oder Kärnten, gibt es auch „Rollstuhlrikschas“, alle Gefährte sind mit einem Elektro-Motor versehen. „Wir sind immer auf der Suche nach Freiwilligen, die mit unseren Seniorinnen und Senioren spazieren fahren möchten“, ergänzt Mühlberger. Im Frühjahr 2016 hat Andreas Zobl auch in Graz „Radeln ohne Alter“ gegründet. Auch hier radeln Ehrenamtliche mit Menschen aus Grazer Altersheimen zu deren Lieblingsplätzen oder entdecken die Stadt per Rad neu.

Fahrräder für Menschen mit Behinderung

Radfahren boomt – doch nicht alle Menschen sind in der Lage, ein gewöhnliches Fahrrad zu nutzen. Aber auch für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen oder körperlichen Einschränkungen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, selber in die Pedale zu treten – oder andere treten zu lassen. Dreiräder etwa sind optimal für Menschen mit Gleichgewichtsstörungen oder mit körperlichen Beeinträchtigungen. Sie können alleine oder auch zu zweit gefahren werden, im Sitzen oder im Liegen. Beinahe jedes Dreirad kann mit einem Elektro-Motor ausgestattet werden. Handbikes sind vergleichbar mit einem Fahrrad oder Liegerad, angetrieben wird jedoch mit Armkraft. Sie können vorne an einen Rollstuhl montiert werden oder – ohne Rollstuhl – als Rennrad Verwendung finden. „Menschen mit Nervenkrankheiten oder nach einem Schlaganfall nehmen diese Geräte in Anspruch“, weiß Konrad Poiss, der in seinem Spezial-geschäft „Mobility System Austria“ am Salzburger Hauptbahnhof Spezial-räder für Menschen mit Behinderung anbietet. „Es sind in erster Linie Urlauberinnen und Urlauber, die nach Salzburg kommen und ein Gerät ausleihen möchten.“ Das Personal des Unternehmers besteht aus Mechanikern und Pflegekräften. Poiss wurde für diese Initiative beim VCÖ-Mobilitätspreis 2016 ausgezeichnet. Ebenfalls in seinem Verleih erhältlich: der Scout Crawler, ein Kettenfahrzeug, mit dem Menschen im Rollstuhl in den Wald und ins Gelände fahren können.

E-Bikes und Spezialroller

Heute werden bereits alle Arten von Fahrrad mit elektrischer Unterstützung angeboten: City- und Mountainbikes, Rennräder, Falträder und Tretroller. Besonders für ältere Menschen ersetzt mittlerweile immer öfter ein Elektro-Fahrrad das herkömmliche Fahrrad. Die sogenannten Pedelecs haben einen E-Motor, der beim Treten als Unterstützung dazugeschaltet werden kann; der E-Motor ist auf maximal 25 Kilometer pro Stunde beschränkt. Elektro-Fahrräder sind besonders auf längeren oder steilen Strecken von Vorteil, hier können sie sogar ein Auto oder einen Motorroller ersetzen: Mit Reichweiten um die 60 Kilometer pro Akkuladung eignen sich die Elektro-Fahrräder auch für ausgedehntere Touren. 

>> Zur Autorin:
Susanne Wolf ist freie Journalistin mit Schwerpunkt
Umwelt, Klima und Nachhaltigkeit.
susanne-wolf.com

Petra Mühlberger, Caritas Baden

>>Zitat:

Petra Mühlberger, Caritas Baden:
„Wir suchen immer Freiwillige, die unsere Seniorinnen und Senioren mit der Rikscha spazieren fahren.“

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