Das Ganze muss mehr als die Teile sein

Keine Zeit beim Umsteigen verlieren, auch bei Verspätung den Anschluss erreichen, gleiche Tarifrabatte in Bahn und Bus – erst kluge Abstimmung macht Bahn und Bus von einsamen Solisten zu einem eingespielten Orchester. 

>>von Loris Knoll

Damit Menschen zum Umsteigen auf den Öffentlichen Verkehr motiviert werden, muss alles passen. Denn oft reicht eine Kleinigkeit, um einen neuen Fahrgast als Kundin, als Kunden wieder zu verlieren. Von der Haustüre weg bis zum Ziel muss das Mobilitätsangebot durchgehend attraktiv sein. Gut ausgebauter Öffentlicher Verkehr an den Hauptachsen reicht dazu nicht, da das Ziel der Fahrt oft abseits liegt. Intermodale Konzepte animieren, die Bahn etwa mit Fahrrad oder Auto zu kombinieren. Doch auch wer kein Auto oder Rad nutzen will oder kann, braucht ein Angebot für die erste und letzte Meile. Daher ist es nötig, Bahn- und Buslinien im gesamten Netz aufeinander abzustimmen. Bei einer solchen Verknüpfung müssen örtliche, zeitliche, tarifliche und räumliche Komponenten berücksichtigt werden. Nur so wird auch in der Fläche eine Anbindung an den Öffentlichen Verkehr gewährleistet. Wie das gut funktionieren kann, zeigen bereits zahlreiche Beispiele.

Bushaltestelle Bahnhof

„Aus betrieblichen Gründen ist ein umsteigefreier Öffentlicher Verkehr leider nicht immer möglich. Es ist daher sehr wichtig, das Umsteigen optimal und kurz zu gestalten, um zu vermeiden, dass die Reise dadurch unattraktiv wird“, so Herbert Kubasta, Geschäftsführer der Oberösterreichischen Verkehrsholding. Es gibt aber immer noch wichtige regionale Zentren, in denen viele Bus-linien nicht den Bahnhof, sondern nur einen eigenen Busbahnhof ansteuern. Am Bahnhof ankommende Fahrgäste müssen dann zum Beispiel in Tulln den Schubertpark suchen, in Eisenstadt den Domplatz finden oder in Bad Radkersburg in die Innenstadt spazieren. Um Zeit und Ärger solcher Art zu vermeiden, werden immer öfter örtliche Verknüpfungen umgesetzt. Im Optimalfall bedeutet das für Fahrgäste, aus dem Zug auszusteigen und direkt vor dem Bahnhof die Bushaltestelle mit auf die ankommenden und abfahrenden Züge abgestimmten weiterführenden Busverbindungen vorzufinden. Der Weg dazwischen ist kurz und witterungsgeschützt, Fahrgast-informationsanzeigen in Echtzeit geben über die Abfahrtszeiten Bescheid. In Niederösterreich etwa werden im Zuge der schrittweise erfolgenden Neukonzeption der Busverkehrsnetze immer mehr Buslinien an Bahnhöfe angebunden. Im Vorjahr wurde das im Raum zwischen Schwechat und Bruck an der Leitha umgesetzt. Während früher Busse parallel zur Bahn fuhren, aber meistens nicht an den Bahnhöfen hielten, bedienen nun in diesen Orten alle Linien den jeweiligen Bahnhof und fungieren als -Zubringer aus Gemeinden, die nicht direkt an der Bahn liegen. Ein attraktiv gestaltetes Umsteigen wird von den Fahrgästen honoriert, wie die guten Ergebnisse des kürzlich um-gebauten Bahnhofs Bruck an der Leitha beim heurigen VCÖ-Bahntest zeigen.

Bus und Bahn abstimmen

Umsteigen wird dann akzeptiert, wenn auch der zeitliche Aspekt passt. Ist der Fahrplan der Busse auf die Bahn abgestimmt, wird ein schnelles Vorankommen ohne Verzögerung für die Fahrgäste gewährleistet. Das Minimum ist ein zeitliches Abstimmen zur Hauptverkehrszeit in der Hauptlastrichtung. Das Optimum ermöglicht ganztags regelmäßig eine Verknüpfung, sodass Fahrgäste gar nicht mehr auf Fahrpläne zu schauen brauchen.

Anschlüsse auch bei Verspätung sicherstellen

„Um individuelle Mobilitätsbedürfnisse durch den Öffentlichen Verkehr optimal bedienen zu können, spielen Taktfahrpläne sowie die Abstimmung zwischen Bus und Schiene eine wichtige Rolle, im Gesamtsystem darf aber auch eine moderne und multimodale Fahrplaninformation nicht fehlen. Im kostenlosen VOR-AnachB-Routenplaner können daher alle öffentlichen Verkehrswege auch mit Fuß-, Rad- oder Autostrecken kombiniert werden“, sagt Thomas Bohrn, Geschäftsführer Verkehrsverbund Ost-Region.

Hat ein Zug einmal Verspätung, kann das Fahrpersonal dank Echtzeitinformation warten und den Anschluss sicherstellen. Je nach Linie wird abgewogen, wie lange gewartet werden kann, ohne Anschlüsse an folgenden Stationen zu gefährden. Der technologische Fortschritt hat dafür zahlreiche Möglichkeiten geschaffen: In Mödling wurde eine große Anzeigetafel erprobt, die dem Fahrpersonal der Busse Zugverspätungen signalisiert, und in Kärnten getestet, wie das Busfahrpersonal via Smartphone direkt an den Monitor in einen verspäteten Zug senden kann, ob der Bus auf den Zug wartet oder nicht. Apps und Bildschirme mit umfassenden aktuellen Informationen werden von den Fahrgästen erwartet. In Vorarlberg, schon jetzt Vorbild bei der Verknüpfung von Bahn und Bus, ist eine flächen-deckende Anschlusssicherung geplant.

Alles auf einer Fahrkarte

Auch tarifliche Unterschiede zwischen Bahn und Bus sollten vermieden werden. Die Verkehrsverbünde ermöglichen innerhalb einer Region die Fahrt mit Bus und Bahn mit demselben Fahrschein. Rabattkarten der Bahn gelten aber weiterhin oft nicht in den Bussen, was manche Fahrgäste aufgrund des deutlichen Preisunterschieds von der Busbenutzung abhält. Eine ideale Verknüpfung setzt auch die Berücksichtigung des räumlichen Umfelds voraus: Erreiche ich den Bahnhof von allen Siedlungen, Arbeitsstätten und Freizeitzielen in der Umgebung mit dem Bus oder sind dafür Änderungen im Liniennetz erforderlich? Zusätzliche Buszubringer direkt zum Bahnhof statt parallel verkehrender Busse tragen auch zur Stärkung von Regionalbahnstrecken bei. Eine umsichtige Verknüpfung von Bahn und Bus kann also gleich mehrfach Impulse zum Umsteigen auf den Öffentlichen Verkehr setzen.

>>Zum Autor:

Loris Knoll beschäftigt sich mit verschiedenen Facetten von Planung und Mobilität. derloris.at

Herbert Kubasta, Geschäftsführer der Oberösterreichischen Verkehrsholding

„Es ist sehr wichtig, das Umsteigen optimal und kurz zu gestalten, um zu vermeiden, dass die Reise dadurch unattraktiv wird.“

Thomas Bohrn, MBA, Geschäftsführer des Verkehrsverbund Ost-Region

„Um individuelle Mobilitätsbedürfnisse durch den Öffentlichen Verkehr optimal bedienen zu können, spielen zum einen Taktfahrpläne sowie die Abstimmung zwischen Bus und Schiene eine wichtige Rolle, im Gesamtsystem darf aber auch eine moderne und multimodale Fahrplaninformation nicht fehlen. Im kostenlosen VOR-AnachB-Routenplaner können daher alle öffentlichen Verkehrswege auch mit Fuß-, Rad- oder Autostrecken kombiniert werden.“

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