Der relevante CO2-Anstieg bei Tempo 140 ist wesentlich höher als medial berichtet

Bei der Darstellung der Ergebnisse des Tempo 140-Test durch die Asfinag gibt es hinsichtlich des zusätzlichen CO2-Ausstoßes einen wesentlichen Kritikpunkt sowie weitere offene Fragen, die das Ergebnis in Zweifel ziehen. Die Zahlen des Asfinag-Gutachtens zeigen, dass er für Pkw wesentlich höher liegt als der kommunizierte Gesamtdurchschnitt aller Fahrzeguge, nämlich plus 3,5 Prozent CO2 für Pkw. Dieser deutliche Mehrausstoß an CO2 wurde laut Gesamtbericht in Kauf genommen für eine Erhöhung der tatsächlich gefahrenen Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 4 km/h auf 132 km/h bei Pkw-ähnlichen Fahrzeugen.

Damit ist die Steigerung des CO2-Ausstoßes bei Tempolimit 140 nicht marginal, wie behauptet, sondern wesentlich höher, wenn man jene Fahrzeuge betrachtet, deren Durchschnittstempo auch tatsächlich höher ist als zuvor bei Tempo 130.

Die medial verbreiteten Zahlen waren deshalb geringer, weil vom Gesamtdurchschnitt auf der Strecke gesprochen wurde - inklusive Lkw, für die sich mit dem neuen Tempolimit aber nichts ändert. Der Mehrausstoß an absoluten Tonnen CO2 beträgt allein auf den Teststrecken laut Daten des Asfinag-Gutachtens rund 5.700 Tonnen CO2 pro Jahr. Angesichts der zu erreichenden Klimaziele ist jedes vermeidbare Gramm CO2, das im Verkehrssektor mehr ausgestoßen wird, zu viel.

Lkw verursachen auf den Teststrecken etwa die Hälfte des CO2-Ausstoßes. Weil sich ihr Treibstoffverbrauch durch Tempo 140 für Pkw nicht ändert, ziehen sie den CO2-Anstieg im Gesamtdurchschnitt wesentlich nach unten. Bei Tempo 140 geht es darum, dass Pkw schneller fahren dürfen, deshalb sind auch nur die Ergebnisse für Pkw relevant: bei Pkw plus 3,5 Prozent CO2 bei der im August 2018 gemessenen Durchschnittsgeschwindigkeit bei Tempo 140. (siehe Bericht "Begleituntersuchung Luftschadstoffe, Seiten 42 und 51, Emissionsbilanz mit normierten August-Werten).

Bitte unterstützen Sie den VCÖ, damit wir auch weiterhin wichtige Meldungen wie diese recherchieren und verbreiten können.

Beim Treibhausgas CO2 die prozentuelle Steigerung für die Gesamt-Strecke irrelevant. Jede zusätzliche Menge wirkt sich direkt auf die Klimabilanz Österreichs aus. Der Verkehrssektor insgesamt muss zur Einhaltung der Klimaziele den CO2-Ausstoß massiv reduzieren, bis zum Jahr 2030 um rund ein Drittel.

Die Asfinag gibt an, dass auf Autobahnen und Schnellstraßen im jahr 2017 rund 28,7 Milliarden Kilometer mit Fahrzeugen bis 3,5 Tonnen (hauptsächlich Pkw) gefahren wurden. Der VCÖ schätzt, dass dies in etwa jeder dritte Kilometer ist, der in Österreich mit Pkw zurückgelegt wird. Entsprechend groß sind die CO2-Zunahmen, wenn Pkw auf den Autobahnen mehr CO2 ausstoßen.

---

Weitere offene Fragen:

  • Die Messungen und Berechnungen wurden für jeweils ein Monat vor und ein Monat nach der Einführung von Tempo 140 vorgenommen (Juli und August 2018), nicht ein Jahr lang wie zum Test von Tempo 140 suggeriert wurde. Der Bericht zu Luftemissionen ist mit Dezember 2018 datiert, der Gesamtbericht zitiert diesen lediglich. Der Test bildet also einen relativ kurzen Zeitraum direkt nach der Einführung von Tempo 140 vor circa einem Jahr ab. Wie hat sich das gefahrene Tempo auf den Teststrecken seither entwickelt? Wird mittlerweile schneller gefahren und daher auch mehr CO2 ausgestoßen?
  • Die Fahrzeugauswahl für die Real-Messungen, die als Basis für alle Hochrechnungen dienten, bestand bei Pkw aus sechs verschiedenen Fahrzeugen, bei Leicht-Lkw aus drei Fahrzeugen). Die Abgasklassen der Test-Pkw sind besser als jene der im Bericht angegebenen Statistik des Pkw-Bestandes in Österreich (Statistik Austria für das Jahr 2016 zitiert nach Öamtc-Zeitschrift). Statt der Hälfte der Abgasklassen Euro 3 und 4 oder schlechter hatten in der Testflotte lediglich zwei von sechs Pkw Euro 4, keiner darunter. Bildet die ausgewählte Testflotte mit besseren Abgasklassen tatsächlich den Durchschnitt der Pkw-Flotte auf den Autobahnen ausreichend ab?
  • Für die drei getesteten Leicht-Lkw wurde für die Teststrecke in Niederösterreich bei Tempo 140 ein niedrigerer CO2-Ausstoß trotz höherer Geschwindigkeit festgestellt, auf der Strecke in Oberösterreich hingegen nicht. Wie kommt der sinkende CO2-Ausstoß und dies auf nur einer der Teststrecken zustande? Damit bliebt im Durchschnitt der CO2-Ausstoß der Leicht-Lkw relativ konstant, was zusammen mit dem Einrechnen der Schwer-Lkw den veröffentlichten Durchschnittsanstieg reduzierte. Leicht-Lkw machen in den Testabschnitten 11 Prozent (Niederösterreich) bzw. 14 Prozent (Oberösterreich) des CO2-Ausstoßes aus.

Die Berichte des Tempo 140-Tests sind auf der Asfiang-Website abrufbar: https://www.asfinag.net/services-links/wissenschaftliche-erkenntnisse/

Dieser Artikel wird laufend aktualisiert und ergänzt.

Zurück zur Übersicht

VCÖ zu Unfallstatistik 2023: Verkehrssicherheitsziel massiv verfehlt

VCÖ (Wien, 26. April 2024) - Österreich hat im Vorjahr sein Verkehrssicherheitsziel massiv verfehlt. Statt zu sinken ist die Zahl der Verkehrstoten im Jahr 2023 um 32 von 370 auf 402 gestiegen. Die Hauptunfallursachen für die tödlichen Verkehrsunfälle waren laut Statistik Austria nichtangepasste Geschwindigkeit sowie Unachtsamkeit und Ablenkung. Besonders stark ist die Zahl der tödlichen Unfälle auf Freilandstraßen sowie auf Autobahnen und Schnellstraßen gestiegen, macht der VCÖ aufmerksam.

Mehr dazu
Foto: Sarah Duit

VCÖ: Leichtere Umsetzung von Tempo 30 erhöht Verkehrssicherheit in Gemeinden und Städten

VCÖ (Wien, 21. März 2024) – Die Verkehrssicherheit im Ortsgebiet muss insbesondere für die schwächsten Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, wie Kinder sowie Seniorinnen und Senioren erhöht werden, betont die Mobilitätsorganisation VCÖ. Die heute in den Nationalrat eingebrachte 35. StVO-Novelle ist aus Sicht des VCÖ ein wichtiger Schritt für mehr Verkehrssicherheit in den Gemeinden und Städten. Tempo 30 statt 50 halbiert den Anhalteweg, reduziert den Verkehrslärm und erhöht die Lebensqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner.

Mehr dazu
Foto: Sarah Duit